Die Ladung QBlitz des Blitzstromes setzt sich zusammen aus der Stoßladung QStoß des Stoßstromes und der Langzeitladung Qlang des Langzeitstromes. Die Ladung

des Blitzstromes ist bestimmend für den Energieumsatz unmittelbar am Einschlagpunkt des Blitzes und an allen Stellen, an denen sich der Blitzstrom in Form eines Lichtbogens über eine Isolierstrecke hinweg fortsetzt. Die am Lichtbogenfußpunkt umgesetzte Energie W ergibt sich als das Produkt aus der Ladung Q und der im Mikrometerbereich auftretenden Anoden- /Kathodenfallspannung UA,K (Bild 2.4.1).

Bild 2.4.1 Energieumsatz am Einschlagpunkt durch die Ladung des Blitzstromes

Der Wert von UA,K beträgt im Mittel einige 10 V und ist von Einflüssen wie Stromhöhe und Stromform abhängig:

QLadung des Blitzstromes
UA,KAnoden- / Kathodenfallspannung.

Damit bewirkt die Ladung des Blitzstromes Ausschmelzungen an Komponenten des Blitzschutzsystems, die direkt vom Blitz getroffen werden. Aber auch für die Beanspruchung von Trenn- und Schutzfunkenstrecken sowie von Überspannungsschutzgeräten auf Funkenstreckenbasis ist die Ladung maßgebend. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass vor allem die Langzeitladung Qlang des Langzeitstromes aufgrund der längeren Einwirkdauer des Lichtbogens in der Lage ist, große Materialvolumina zu schmelzen oder zu verdampfen. Einen Vergleich der Wirkungen der Stoßladung QStoß und der Langzeitladung Qlang zeigt Bild 2.4.2 und Bild 2.4.3.

Bild 2.4.2 Wirkung eines Stoßstrom-Lichtbogens auf eine metallene Oberfläche
Bild 2.4.3 Perforation von Blechen durch die Einwirkung von Langzeitstrom-Lichtbögen

Untersuchungen an der Universität der Bundeswehr zeigen diese unterschiedlichen Schmelzwirkungen von Stoßströmen im Vergleich zu Langzeitströmen. Die von Stoßströmen verursachten Ausschmelzungen an Meteallblechen sind relativ großflächig. Das geschmolzene Material ist über einen Umkreis von einigen Zentimetern bis zu 10 Zentimeter verteilt. Im Gegensatz dazu verursachen Langezeitströme an Metallblechen kleinere, aber tiefere Ausschmelzungen.
Langzeitströme sind die Hauptursache für Ausschmelzungen am Einschlagpunkt, zum Beispiel an Blitzschutzrezeptoren von Rotorblättern. Deshalb wurde der durch Blitzströme verursachte Lichtbogenabbrand auch an solchen Rezeptoren untersucht.

Die allgemeinen Aussagen konnten auch für Rezeptoren von Rotorblättern bestätigt werden. Bild 2.4.4 zeigt die Ausschmelzung an einem solchen Prüfmuster durch eine einmalige Belastung mit einem Stoßstrom von 200 kA 10/350. Der Bereich, auf den der Lichtbogen unmittelbar zu Ausschmelzungen geführt hat, ist umgeben von einem relativ großen Bereich (Bild 2.4.4 – großer Kreis), in dem sich geschmolzenes Material abgelagert hat. Der eigentliche Materialabtrag hat sich jedoch auf einen Bereich beschränkt (Bild 2.4.4 – kleiner Kreis).
Im Vergleich dazu zeigt Bild 2.4.5 die Ausschmelzungen an einem Rezeptort durch eine einmalige Belastung mit einem Langzeitstrom, der eine Ladung von 300 Colomb und eine Stromflussdauer von 0,5 Sekunden aufweist. Durch den, im Vergleich zum Impulsstrom viel längeren Zeitraum, in dem der Lichtbogen einwirkt, kann der Lichtbogen unter Umständen wandern und deshalb mehrere Lichtbogen-Fußpunkte aufweisen (Bild 2.4.5 – kleine Kreise).

Bild 2.4.4 Ausschmelzungen am Rezeptor eines WKA-Rotorblattes durch einen Impulstrom 200 kA 10/350 µs
Bild 2.4.5 Ausschmelzungen am Rezeptor eines WKA-Rotorblattes durch einen Langzeitstrom mit 300 As Ladung und Stromflußdauer t = 0,5 s