Ausgangslage

Die Energie- und Mobilitätswende ist im vollen Gange und schreitet stetig voran. Die ständigen Weiterentwicklungen von Technologien wie beispielsweise der Batterietechnik sorgen für einen Durchbruch der Elektromobilität. Nicht nur im Bereich Elektroautos, sondern auch im öffentlichen Nahverkehr. Immer mehr Betreiber von Busflotten wie beispielsweise Stadtwerke ersetzen ihre bisherigen Dieselbusse durch Elektrobusse und entwickeln neue Mobilitätskonzepte. Um Elektrobusse zu laden, gibt es grundsätzlich zwei unterschiedliche Ladekonzepte, die wahlweise oder ergänzend zueinander forciert werden. Zum einen das Depot Charging. Dabei werden die Batterien der Busse über Nacht auf den Betriebshöfen mit Energie versorgt, um am nächsten Tag einen reibungslosen Fahrbetrieb sicherzustellen.

Zum anderen gibt es noch das Opportunity Charging. Reicht die Kapazität der Batterien nicht aus, werden die Elektrobusse an Haltestellen und Endhaltestellen über eine Pantographenladestation mit Energie versorgt. Dies kann entweder ein kurzer Ladezyklus an einer Haltestelle sein, während die Fahrgäste ein- und aussteigen oder aber an den Endhaltestellen, wo die Busse länger verweilen.

Die grundsätzliche Systemarchitektur bei Depot Charging und Opportunity Charging ist im Allgemeinen identisch. Sie besteht aus einer Trafostation, welche aus dem Mittelspannungsnetz versorgt wird. Danach wird die Wechselspannung durch einen Umrichter in Gleichspannung gewandelt. Die umgewandelte Gleichspannung wird zusätzlich in Batterien gespeichert, um ein stabiles Lastmanagement sicherzustellen. Danach werden Busse über ein konduktives Ladesystem oder Pantographen-Ladesystem mit Energie versorgt. Die einzelnen Systemkomponenten beinhalten nicht nur Energiezuleitungen, sondern zudem kupferbasierende Informations- und Kommunikationstechnik, wodurch die Systembestandteile untereinander vernetzt, aber auch z. B. an die Verkehrsleitstelle angebunden sind.

Damit die Fahrpläne eingehalten werden und somit die Kundenzufriedenheit gewahrt wird, ist eine ständige Verfügbarkeit der Elektrobusse und der Ladeinfrastruktur essenziell. Deshalb darf eine Gefährdung durch Blitzströme und Überspannungen nicht unbeachtet bleiben. Durch den Schutz der gesamten Systemarchitektur werden ein wirtschaftlicher Betrieb und die Anlagen- und Betriebssicherheit sichergestellt sowie gleichzeitig normative Anforderungen erfüllt.

Gefährdung bei Gewittern

Mehrere Milliarden Blitze gehen jedes Jahr weltweit nieder. Allein in Deutschland werden jährlich durchschnittlich 1,5 Millionen Blitzereignisse gezählt, mit zunehmender Tendenz. Schlägt der Blitz in unmittelbarer Nähe ein, kommt es zu Schäden an Gebäuden und Infrastruktur, so auch in der Ladeinfrastruktur der Elektromobilität: Blitzeinschläge können zu Bränden und/ oder zu Überspannungsschäden an elektrischen Geräten und Systemen führen. Bei einem Blitzeinschlag z.B. in einen Beleuchtungsmast entsteht ein gefährlicher Spannungstrichter, welcher noch in bis zu 2 km Schäden anrichten kann.

Das Schalten von elektrischer Energie, zum Beispiel an der Ladesäule oder auch bei Schalthandlungen in Transformatorstationen, erzeugt Schaltüberspannungen und kann dadurch ebenfalls negative Auswirkungen haben. Oft reicht bereits eine geringe Energie, um Schäden zu verursachen. (Bild 9.48.1)

Bild 9.48.1 Typische Systemarchitektur der Ladeinfrastruktur für elektrische Busse

Was passiert beim Blitzschlag während des Lade­vorgangs?

Die ständige Verfügbarkeit von elektrischer Energie ist für Ladevorgänge ein entscheidender Faktor, vor allem im öffentlichen Nahverkehr. Durch ihre vorrangige Aufstellung im Außenbereich wird die gesamte Ladeinfrastruktur und ihre sensiblen elektronischen Komponenten maßgeblich durch die Auswirkungen von Blitzentladungen gefährdet. Nicht nur induktive und kapazitive Einkopplungen durch Ferneinschläge verursachen gravierende Schäden. Bei Direkt- oder Naheinschlägen können sich zusätzlich gefährliche Teilblitzströme in die Ladestruktur einkoppeln. Wird ein Elektrobus während eines Fern- / Nah- oder Direkteinschlages geladen, können die eingekoppelten Spannungen und Ströme nicht nur die gesamte Ladeinfrastruktur zerstören, sondern auch die Batterien des Busses und die sensitive Bordelektronik. Dies führt zu schweren wirtschaftlichen Folgen und einem hohen personellen Aufwand für Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten. Um dies zuvermeiden, ist ein wirksames und zuverlässiges ganzheitliches Blitz- und Überspannungsschutzkonzept zu berücksichtigen. (Bild 9.48.2)

Bild 9.48.2 Ausbreitung Spannungstrichter (exemplarische Darstellung)

Normative Anforderungen

Risikoanalyse

Eine Risikoanalyse ist Teil des Risikomanagements. Die Aufgabe einer Risikoanalyse ist es, das Schadensrisiko durch direkte und indirekte Blitzeinschläge für eine bauliche Anlage einschließlich Personen und Ausrüstung zu bestimmen. Die örtlichen Gegebenheiten und die Art der Nutzung der baulichen Anlage fließen unter anderem in die Risikoanalyse mit ein. Sofern die Blitzschutzklasse (BSK) nicht durch eine Bauordnung festgelegt ist, wird diese nach Abschätzung des Schadensrisikos nach DIN EN 62305-2 (VDE 0185-305-2) ermittelt. Für eine praxisgerechte und einfache Durchführung der Risikoanalyse dient hier die Software DEHNsupport Toolbox. Ist nach DIN EN 62305-2 ein Äußerer Blitzschutz erforderlich, ist dieser nach DIN EN 62305-3 in Abhängigkeit der entsprechenden Blitzschutzklasse zu errichten.

Da sich bei Bushaltestellen und Betriebshöfen regelmäßig Personen aufhalten, ist zusätzlich eine individuelle Bewertung im Hinblick auf Schritt- und Berührspannung notwendig.
Ein ganzheitliches Blitzschutzkonzept besteht im Allgemeinen aus:

  • Äußerem Blitzschutz, inkl. Fangeinrichtungen
  • ganzheitlich vermaschtem Erdungs- und Potentialausgleich
  • innerem Blitzschutzpotentialausgleich
  • Überspannungsschutz.

Der Äußere Blitzschutz besteht aus Fangeinrichtungen und Ableitungen. Über die Fangstangen werden Blitze an vorher definierten Einschlagspunkten eingefangen, um dann über die Ableitungseinrichtungen unter Einhaltung des Trennungsabstandes abgeführt und über die Erdungsanlage großflächig verteilt zu werden.

Der innere Blitzschutzpotentialausgleich und Überspannungsschutz schützt alle Anlagenteile von der Trafostation bis hin zur Ladestation und dem Elektrobus vor Blitzströmen und Überspannungen. In Abhängigkeit des Blitzschutzzonenkonzepts werden die richtigen Blitzstrom- und Überspannungs-Ableiter ausgewählt, sowohl für Energie- als auch Datenleitungen. Mit einem solchen ganzheitlichen Schutzkonzept sind Mensch und Ladeinfrastruktur gleichermaßen sicher geschützt.

Weitere Normative Anforderungen

Die Normen der Reihe DIN VDE 0100 sind Installationsnormen und deshalb auf die feste Installation auch für Busladestationen immer anzuwenden, auch bei Anlagen mit und ohne äußeren Blitzschutz.

Die DIN VDE 0100-443:2016-10 behandelt den Schutz von elektrischen Anlagen bei transienten Überspannungen infolge atmosphärischer Einflüsse, die über das Stromversorgungsnetz übertragen werden, inklusive direkter Blitzeinschläge in die Versorgungsleitungen und transiente Überspannungen infolge von Schaltvorgängen. Sie liefert eine Aussage, ob Überspannungsschutzmaßnahmen erforderlich sind, wägt das Standortrisiko ab, definiert Überspannungskategorien und die dazugehörigen geforderten Bemessungsstehstoßspannungen der Betriebsmittel und definiert, ob zusätzliche Überspannungs-Schutzeinrichtungen notwendig sind.

Weiterhin wird auf die notwendige Verfügbarkeit der Anlage eingegangen.
Werden gemäß DIN VDE 0100-443 und DIN EN 62305 Blitz- und Überspannungsschutzmaßnahmen eingesetzt, dann sind diese nach DIN VDE 0100-534 zu installieren. Die DIN VDE 0100-543 beschreibt die Auswahl von Blitz- und Überspannungs-Ableitern und wie diese zu installieren sind.

Auch gemäß der Publikation „Fahrzeugflotten-Umstellung auf Elektroantrieb: Anforderungen an die Verkehrsbetriebe“ von 2018 in der Zeitschrift Schadensprisma (Zeitschrift für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer) sind zum Schutz von Trafostationen und Ladeeinrichtungen Blitz- und Überspannungsschutzgeräte vorzusehen. (Bild 9.48.3)

Bild 9.48.3 Beispielhafte Ladeinfrastruktur bestehend aus separater Transformatorstation und abgesetzten Leistungs- und Ladeeinheiten

(Tabelle 9.48.1)

Nr. 

 

Typ

Art.-Nr.

Sonstiges

Schutz der Energieseite

Mittelspannungsableiter

DEHNmid

DMI 30 10 1L

Schutz der MS-Seite in der Transformatorstation, z.B. für 20 kV

Typ 1-Ableiter

DEHNbloc Maxi

DBM 1 CI 760 FM

Einsetzbar im IT-System 690 V L-L, vorsicherungsfrei, z.B. für NSHV-Trafostation oder in Leistungseinheit

DBM 1 CI 440 FM

Einsetzbar im IT-System 480 V L-L, vorsicherungsfrei, z.B. für NSHV-Trafostation oder in Leistungseinheit

Schutz der DC-Leitungen

Kombi-Ableiter Typ 1+Typ 2

DEHNguard

DG ME DC Y 950 FM

Maximale DC-Dauerspannung 950 V, z.B. für DC-Seite in Leistungseinheit, Batteriespeicher und Ladesäule, speziell für HPC entwickelt

DEHNcombo

DCB YPV 1500 FM

Maximale DC-Dauerspannung 1500 V,
Proof of Concept Isccr 50 kA, z. B. für DC-Seite in Leistungseinheit, Batteriespeicher und Ladesäule

Typ 2-Ableiter

DEHNguard

DG M YPV 1500 FM

Proof of Concept Isccr 50 kA, z. B. für DC-Seite in Leistungseinheit, Batteriespeicher und Ladesäule

Kombi-Ableiter Typ 1+Typ 2

DEHNshield

DSH TT 2P 255 FM

Zum Schutz der Hilfsspannungen, einsetzbar im TT- und TN-S-System bis 230 V

Schutz der Kommuniktions- und Datenleitungen

Type 1-Ableiter

BLITZDUCTOR

BCO ML2 BD 24

Schutz von IKT, z. B. 24 V oder RS485

Type 2-Ableiter

DEHNpatch

DPA CL8 EA 4PPOE

Schutz von Ethernet-Schnittstellen bis 10 GBit/s und 4 PPoE

Tabelle 9.48.1 Beispielhafte Ladeinfrastruktur bestehend aus separater Transformatorstation und abgesetzten Leistungs- und Ladeeinheiten

Blitzschutzzonenkonzept

Auf Basis der ermittelten Blitzschutzklasse, z.B. BSK III, werden mit Hilfe des Blitzkugelmodells die potenziellen Einschlagpunkte ermittelt. Dabei wird eine definierte Blitzkugel über die gesamte Anlage gerollt. Je nach Blitzschutzklasse variiert der Radius der Kugel. Auf Basis dessen werden die Fangeinrichtungen des äußeren Blitzschutzes so positioniert, dass sich die gesamte Anlage im einschlaggeschützten Bereich befindet. Hieraus ergibt sich die Einteilung der sog. Blitzschutzzonen (LPZ). Die äußere Zone LPZ 0 wird in zwei Zonen unterteilt. LPZ 0A ist direkten Blitzeinschlägen und dem vollen magnetischen Feld des Blitzes ausgesetzt. Die Zone LPZ 0B ist gegen direkte Einschläge geschützt, aber durch das elektromagnetische Feld des Blitzes gefährdet.

Die inneren Zonen LPZ 1…n sind gegen direkte Einschläge geschützt, aber durch Teilblitzströme gefährdet. Je nach Zonenübergang gilt es, das passende Blitz- und Überspannungsschutzgerät auszuwählen. Am Übergang LPZ 0A auf LPZ 1 oder höher müssen Schutzgeräte eingesetzt werden, die in der Lage sind, erhebliche Blitzteilströme zerstörungsfrei abzuleiten. Diese Schutzgeräte werden als Blitzstrom-Ableiter SPD Typ 1 bezeichnet. Nach Blitzschutzzonenkonzept sind alle von außen kommenden Energie- und Kommunikationsleitungen aus Zone LPZ 0A mit SPD Typ 1 in den Blitzschutz-Potentialausgleich einzubeziehen. Am Übergang LPZ 0B auf LPZ 1 und höher sind energieschwache Stoßstromimpulse als Folge von außen induzierten Spannungen oder im System selbst erzeugten Überspannungen zu beherrschen. Diese Schutzgeräte werden als Überspannungs-Ableiter SPD Typ 2 bezeichnet.

Die Umsetzung des Blitzschutzzonenkonzepts ist eine wichtige Voraussetzung für den späteren sicheren und störungsfreien Betrieb. (Bild 9.48.4 und Bild 9.48.5)

Bild 9.48.4 Beispielhafter Aufbau der Ladeinfrastruktur in einem Busdepot
Bild 9.48.5 Beispielhafter Aufbau des Opportunity Charging mittels Pantographen, geschützt durch HVI, inkl. Potentialsteuerung zur Vermeidung von Schrittspannungsgefährdungen

(Tabelle 9.48.2)

Nr. 

 

Typ

Art.-Nr.

Sonstiges

Äußerer Blitzschutz/Ableitungen

HVI-Leitung im Stützrohr mit Fangstange

 

HVI 20 M L6M SR3200 IP RFS2500 GFK AL

Hochspannungsfeste isolierte Ableitung zur Einhaltung der Trennungsabstände

Fangstange (AL)

FS D40 16 10 4000 KSV AL

Fangstange zur Befestigung an Mauern oder Konstruktionen

CUI-Leitung (CU/vPE)

CUI L 20 GR 3.5M

Schutz vor Berührspannung

Erdung und Potentialausgleich

Potentialausgleichsschiene (Cu / gal Sn)

PAS 11AK

Potentialausgleichsschienen für den Schutz- und Funktionspotentialausgleich

Runddraht (NIRO (V4A))

RD 10 V4A R80M

Runddraht 10 mm als Strahlenerder

Bandstahl (NIRO (V4A))

BA 30X3.5 V4A R25M

Edelstahlband für den Ringpotentialausgleich

Tiefenerder (NIRO (V4A))

TE 20 1500 AZ V4A

Tiefenerder zum Errichten von Erdungsanlagen

Anschlussklemme (NIRO (V4A)

AK 8.10 AQ4 50 TE20 25 V4A

Anschlussklemmen zum Kreuz- und Parallelanschluss von Rundleitern an Tiefenerdern

Gittermatte (NIRO (V4A))

GMA 250 2000X1000X4 V4A

Gittermatte zur Potentialsteuerung

Verbindungsklemme (NIRO (V4A))

MMVK 3.5 8.10 SKM8X30 V4A

Verbindungsklemme zum Anschluss von Gittermatten an Erdungssysteme

Korrosionsschutzbinde (Petrolat)

KSB 50 L10M

Zur Umhüllung von ober- und unterirdischen Verbindungen

DEHNIT (Spezialton)

DEHNIT 25KG

Erdverbesserungsmaterial

Tabelle 9.48.2 Beispielhafte Auswahlhilfe für Bauteile des äußeren Blitzschutzes, Erdung sowie Potentialsteuerung

Maßnahmen für den äußeren Blitzschutz

In den meisten Fällen werden die Busse in den Betriebshöfen mit konduktiven Ladestationen geladen. Diese sind entweder überdacht oder im Freien aufgestellt.

Zum äußeren Blitzschutz gehören neben den Fangeinrichtungen auch die Ableitungseinrichtungen. Um die Anlage vor einem direkten Einschlag zu schützen, werden Fangstangen auf dem Dach der Depot-Ladestation so angebracht, dass sich die gesamte bauliche Anlage im Schutzbereich der Fangeinrichtungen befindet. Bei der Aufstellung / Verlegung der Fangstangen und Ableitungen ist es wichtig, den Trennungsabstand einzuhalten. Kann der Trennungsabstand nicht eingehalten werden, kommt es zu unkontrollierten Überschlägen und Funkenbildung zwischen Teilen des äußeren Blitzschutzes und elektrisch leitfähigen Teilen der baulichen Anlage, wie beispielsweise Metallrohren oder auch z. B. Photovoltaik, Klimageräten und LED-Beleuchtung. Die Folge sind elektrisch und mechanisch beschädigte Anlagenteile bis hin zu Bränden! Da es in der Praxis häufig schwierig ist, den Trennungsabstand einzuhalten, empfiehlt sich ein isoliertes Blitzschutzsystem. Dazu werden hochspannungsfeste isolierte Leitungen, auch HVI-Leitungen genannt, verwendet. Diese bestehen aus einer hochspannungsfesten Isolierung, um Überschläge und gefährliche Funkenbildung zu verhindern. Kann der Trennungsabstand eingehalten werden, können konventionelle Fangstangen und Ableitungen verwendet werden. Je nach Systemarchitektur kann sich die Trafostation noch im Schutzbereich der angebrachten Fangstangen befinden. Ist dies nicht der Fall, so ist diese auch mit einem äußeren Blitzschutzsystem auszustatten.

Bei Opportunity Charging werden die Busse während des Fahrbetriebs an Haltestationen meist über Pantographen geladen. Im Falle eines direkten Blitzeinschlages kann es zu Durchschmelzungen von metallenen Anlagenteilen kommen. Als möglicher Folgeschaden kann beispielsweise Regenwasser in die Anlage eindringen und diese beschädigen. Wie oben beschrieben, sind weiterhin die elektrischen Beschädigungen zu betrachten. Um solche Schäden zu verhindern, ist es ratsam, die Ladestationen ebenso mit einem isolierten äußeren Blitzschutzsystem auszustatten. Hierfür ist auch der Einsatz von HVI-Leitungen zu empfehlen.

Befinden sich Personen während eines Gewitters in der Nähe der Schnellladestationen oder auf den Betriebshöfen, muss die Schritt- und Berührspannung auf einen akzeptablen Wert minimiert werden. Zur Vermeidung von Verletzungen von Personen infolge von Berührungsspannung sollte eine CUI-Leitung als Ableitung anstelle einer konventionellen Ableitung eingesetzt werden.

Hat man definierte Bereiche (z.B. Bushäuschen, Haltestationen, Ladesäulen), in welchen sich Personen ständig aufhalten können, so ist die Entstehung von Schrittspannung mittels Potentialsteuerung zu vermeiden. In der Praxis werden blitzstromtragfähige Gittermatten aus NIRO (V4A) im Aufhaltebereich von Personen installiert.

Um eine sichere Erdungsanlage zu erreichen und Potentialanhebung auf ein Minimum zu begrenzen, ist die Errichtung eines vermaschten Erdungssystem innerhalb der Betriebshöfe oder Schnelladestationen unumgänglich. Bei einem vermaschten Erdungssystem werden alle Anlagenteile (Trafostation, Wechselrichter, Batteriespeicher, Ladesäule, Betriebsgebäude etc.) engmaschig miteinander verbunden. Dies kann z.B. mit Runddraht NIRO (V4A) umgesetzt werden. Um eine dauerhafte Funktionalität und Beständigkeit der Klemmstellen sicherzustellen, ist der Einsatz von Korrosionsschutzbinden erforderlich.

Die Blitzschutznorm DIN EN 62305 empfiehlt einen Erdungswiderstand von <10 Ohm. Ist der Erdungswiderstand trotz der Vermaschung noch zu hoch, kann durch den zusätzlichen Einsatz von Tiefenerdern der Erdungswiderstand verringert werden.

Zusätzlich besteht die Möglichkeit, ein sogenanntes Erdverbesserungsmaterial einzusetzen. Hierzu eignet sich DEHNIT, ein hochquellfähiger Spezialbeton mit der Eigenschaft, Wasser zu binden, um eine leitfähige Umhüllung des Erders zu schaffen. (Bild 9.48.6)

Bild 9.48.6 Beispielhafte Ladeinfrastruktur, bestehend aus einer Kompaktstation mit integrierter Transformator- sowie Umrichtereinheit und abgesetzten Ladeeinheiten

(Tabelle 9.48.3)

Nr. 

 

Typ

 

Art.-Nr.

Sonstiges

Schutz der Energieseite

Mittelspannungsableiter

DEHNmid

DMI 30 10 1L

Schutz der MS-Seite in der Transformatorstation, z.B. für 20 kV

Typ 2-Ableiter

DEHNguard

DG M TT ACI 275 FM

Schutz der NSHV in der Transformatorstation, vor- sicherungsfreier Einsatz durch ACI-Technik, 230/400 V

Typ 2-Ableiter

DEHNguard

DG M WE 600 FM

Einsetzbar im IT-System 690 V L-L,
z.B. für NSHV-Trafostation oder in Leistungseinheit

DG SE CI 440 FM

Einsetzbar im IT-System 480 V L-L , vorsicherungsfrei,
z.B. für NSHV-Trafostation oder in Leistungseinheit

Ableiter
Typ 2+Typ 3

DEHNcord

DCOR 3P TT 275 FM

Einsetzbar im TT- und TN-S-System 230/400 V, Kompakter SPD für zusätzlichen Endgeräteschutz z.B. für Monitoring-Einheiten

Schutz der DC-Leitungen

Kombi-Ableiter Typ 1 + Typ 2

DEHNguard

DG ME DC Y 950 FM

Maximale DC-Dauerspannung 950 V,
z.B. für DC-Seite in Leistungseinheit, Batterie- speicher und Ladesäule

DEHNcombo

DCB YPV 1500FM

Maximale DC-Dauerspannung 1500 V,
Proof of Concept Isccr 50 kA, z. B. für DC-Seite in Leistungseinheit, Batteriespeicher und Ladesäule

Kombi-Ableiter Typ 1 + Typ 2

DEHNshield

DSH TT 2P 255 FM

Zum Schutz der Hilfsspannungen, einsetzbar im TT- und TN-S-System bis 230 V

Schutz der Kommuniktions- und Datenleitungen

Type 1-Ableiter

BLITZDUCTOR

BCO ML2 BD 24

Schutz von IKT, z. B. 24 V oder RS485

Type 2-Ableiter

DEHNpatch

DPA CL8 EA 4PPOE

Schutz von Ethernet-Schnittstellen bis 10 GBit/s und 4PPoE

Type 2-Ableiter

DEHNgate

DGA G SMA

Schutz von koaxialen Systemen, SMA-Anschluss

Tabelle 9.48.3 Beispielhafte Ladeinfrastruktur, bestehend aus einer Kompaktstation mit integrierter Transformator- sowie Umrichtereinheit und abge- setzten Ladeeinheiten

Maßnahmen für den inneren Blitzschutz

Um die Versorgung sicherzustellen, muss jedes Gewerk der gesamten Ladeinfrastruktur funktionieren. Ist nur ein Gewerk beschädigt, hat dies Auswirkungen auf die ganze Anlage, sodass nicht geladen werden kann. Da die Anlagenkomponenten nicht immer in unmittelbarer Nähe stehen, muss auf einen wirksamen Schutzbereich der SPDs geachtet werden. Grundsätzlich muss im Detail bewertet werden, in welchen Blitzschutzzonen die jeweiligen Gewerke positioniert sind und aus welchen Blitzschutzzonen die jeweiligen zu- und abgehenden Leitungen kommen. In Abhängigkeit dessen sind, gemäß der Beschreibung im Abschnitt Blitzschutzzonenkonzept, die korrekten Blitzstrom- und Überspannungs-Ableiter auszuwählen.

Die Trafostation ist das Herzstück der Ladeinfrastruktur und beinhaltet sensible elektronische Komponenten wie:

  • Monitoring und Fernwirktechnik / Fernmeldetechnik
  • RONT und Längsspannungsregler
  • Kommunikations- und Steuereinrichtungen
  • fernbedienbare Lasttrennschalter / Leistungsschalter auf der Mittelspannungsebene etc.

Zunächst ist der Schutz der Mittelspannungsseite des Trafos zu berücksichtigen. Dieser erfolgt durch Mittelspannungsableiter der Produktfamilie DEHNmid. Doch nicht nur die Mittelspannungsseite am Transformator, sondern auch die Niederspannungsseite, wo die empfindliche Sekundärtechnik verbaut ist, muss geschützt werden. Denn kommt es zu Einkopplungen von Störgrößen auf der MS-Seite, werden nachweislich Überspannungen auf die Niederspannungsseite übertragen, welche die Isolationsfestigkeit der verbauten Betriebsmittel überschreiten und somit beschädigen. Durch den Einsatz eines Überspannungs-Ableiters DEHNguard ACI (Typ 2) kann dies verhindert werden.

Die ACI Technologie bietet viele Vorteile gegenüber herkömmlichen SPDs. Da keine externe Vorsicherung benötigt wird, ist nicht nur eine erhebliche Platzersparnis gegeben, sondern es werden zudem Auslegungsfehler bei der Auswahl und Dimensionierung der Vorsicherung vermieden. Weiterhin ist lediglich ein Anschlussquerschnitt von 6 mm2 ausreichend.

Werden zusätzlich aber auf Basis der Gefährdungsbeurteilung direkte oder nahe Blitzeinschläge erwartet, kommt es neben induktiven und kapazitiven Einkopplungen auch zur Einkopplung von galvanischen Teilblitzströmen auf die Niederspannungsverkabelungen.

In diesem Fall sind dann in der NSHV anstelle eines Typ 2-Ableiters Typ 1-Ableiter einzusetzen, wie z.B. der DEHNvenCI oder DEHNbloc Maxi CI. Die Ableiter mit CI-Technologie (Circuit Interruption Fuse Integrated) beinhalten eine integrierte Vorsicherung. Somit entfällt ebenso der Aufwand für Dimensionierung und Auswahl einer passenden Sicherung und es ergibt sich eine maximale Platzersparnis.

Je nach Aufbau der gesamten Anlage kann sich der Trafo, der Umrichter und der Batteriespeicher in einer Kompaktstation befinden, von der aus die jeweilige Ladesäule mit einer DC-Spannung versorgt wird. Um passende Ableiter für die DC Seite auszuwählen, muss im gleichen Maß betrachtet werden, aus welcher Blitzschutzzone die Versorgungskabel und Informationskabel der Ladestation kommen. Befindet sich die Ladestation oder die Verkabelung in Blitzschutzzone 0A, sind Kombi-Ableiter wie z.B. DEHNguard ME DC oder DEHNcombo 1500 auszuwählen. Ist die Ladestation oder die Verkabelung in Zone 0B oder höher, wird der Schutz durch einen Typ 2-Ableiter sichergestellt. Je nach Systemspannungen sind hier Ableiter aus den Produktfamilien DEHNguard SE DC oder DEHNguard M YPV die passenden Ableiter, um die DC-Seite der Kompaktstation zu schützen. Je nach Systemarchitektur, z.B. wenn die Leitungs- und Umrichtereinheiten separiert von der Kompaktstation positioniert sind, ist der Schutz der Eingangs- und Ausgangsseite gleichermaßen zu betrachten.

Als letzte Anlagenkomponente gilt es nun die Ladestation zu schützen, um so auch den Schutz des Elektrobusses selbst sicherstellen zu können. Für dessen Schutz eignet sich beispielsweise der DEHNguard ME DC mit DCD-Technologie, welche speziell für den Einsatz in High Power Charging entwickelt wurde und im Falle eines entstehenden DC-Lichtbogens diesen sicher unterbricht. Bei sogenannten Rooftop-Ladekabeln hängt das Ladekabel von der Decke der Depot-Ladestation. Meist sind die Leitungen von der Ladestation bis zum Bus länger als 10 m. Um einen vollen Schutz gemäß DIN VDE 0100- 534 sicherzustellen, ist die Leitung in unmittelbarer Nähe zum Elektrobus aufzutrennen und mit einer zusätzlichen Schutzbox mit geeignetem Blitzstrom- und Überspannungs-Ableiter zu versehen.

Zum Schutz von kupfergebundenen Datenleitungen kommen wiederum BLITZDUCTORconnect für 24 V-Signale, DEHNpatch für Ethernet oder DEHNgate SMA für externe koaxiale Antennentechnik zum Einsatz.

Wie in den vorherigen Abschnitten beschrieben, sind die Blitzstrom- und Überspannungs-Ableiter in Abhängigkeit der jeweiligen Systemarchitektur, der Systemspannungen, Netzformen, Schnittstellen und eines individuellen Blitzschutzzonenkonzeptes auszuwählen. Siehe hierzu Bild 9.48.3 und Bild 9.48.5.

Störlichtbogenschutz in der Ladeinfrastruktur für elektrische Busse

Doch nicht nur die Gefährdung durch Blitze und Überspannungen gilt es für die Ladeinfrastruktur zur berücksichtigen, sondern auch die Auswirkungen durch elektrische Störlichtbogen. In diesem Fall kommt es nicht nur zur völligen Zerstörung der Schaltanlage und damit zu einem langwierigen Ausfall, sondern auch zu einer erheblichen Personengefährdung.

Ein Störlichtbogen setzt in Millisekunden enorme Energie frei. Extreme Hitze, toxische Gase und explosionsartige Druckverhältnisse bringen Personen, die sich in der Nähe der elektrischen Anlage aufhalten, in Lebensgefahr. Der Unternehmer trägt die Verantwortung, seine Mitarbeiter zu schützen – das regelt das Arbeitsschutzgesetz.

Die überarbeitete berufsgenossenschaftliche Information DGUV-I 203-077 – thermische Gefährdung durch Störlichtbogen – weist bei der Auswahl der geeigneten Schutzmaßnahmen auf das TOP-Prinzip hin. So haben technische Schutzmaßnahmen Vorrang vor der Einbindung von organisatorischen und persönlichen Maßnahmen zum Schutz des Personals vor Störlichtbögen.

An dieser Stelle trägt das Störlichtbogenschutzsystem DEHNshort neben dem Personenschutz in den elektrischen Anlagen zu einem reibungslosen Laden der elektrischen Busse bei. Denn tritt ein Störlichtbogen in der Niederspannungs-Schaltanlage der Ladeinfrastruktur auf, steht die Energieversorgung durch die entstehenden Schäden an der Anlage nicht mehr uneingeschränkt zur Verfügung. Daraus resultieren verringerte Beförderungskapazitäten und in deren Folge erhebliche Verspätungen für die Passagiere. Durch den Einsatz des aktiven Schutzsystems DEHNshort können die Schäden auf ein Minimum begrenzt und die Anlagenverfügbarkeit gesteigert werden.

Weitere Infos finden Sie unter:

https://www.dehn.de/de/dehn-stoerlichtbogenschutz

Service und Dienstleistung

Ergänzt wird unser umfangreiches Lösungsportfolio zudem durch zahlreiche Serviceleistungen:

  • Planungsdienstleistung DEHNconcept (Planung von Blitzschutzsystemen)
  • Planungssoftware DEHNsupport Toolbox (z.B. für Risikoanalyse und Trennungsabstandsberechnung)
  • DEHN-Testcenter, DAkks-Akkreditiert, z.B. für Systemprüfungen als Schutznachweis
  • Seminare und Workshops der DEHNacademy (z.B. Online- und Inhouseschulungen)
  • Fachbuch BLITZPLANER, Broschüren und Kataloge
  • Arbeiten unter Spannung als Dienstleistung
  • Wiederkehrende Prüfung von Erdungs- und Kurzschließvorrichtungen, Spannungsprüfern und isolierenden Stangen
  • Allumfassende Beratung und Unterstützung, auch persönlich vor Ort