Wir verwenden Cookies, um Ihnen ein optimales Webseiten-Erlebnis zu bieten. Dazu zählen Cookies, die für den Betrieb der Seite und für die Steuerung unserer kommerziellen Unternehmensziele notwendig sind, sowie solche, die lediglich zu anonymen Statistikzwecken, für Komforteinstellungen oder zur Anzeige personalisierter Inhalte genutzt werden. Sie können selbst entscheiden, welche Kategorien Sie zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass auf Basis Ihrer Einstellungen womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzerklärung. Wenn Sie in die Nutzung von Cookies eingewilligt haben, können Sie dies jederzeit nach Klick auf den Link "Cookie-Einstellungen ändern" im Footer der Seite widerrufen.
Nutzen Sie unser E-Learning-Angebot, wenn Sie noch mehr zum Thema Blitz- und Überspannungsschutz wissen wollen.
9.41
Blitz- und Überspannungsschutz für Yachten
Yachten sind sowohl auf See, am Steg wie auch an Land (z. B. im Trockendock) der Gefahr eines Blitzeinschlages ausgesetzt. Die Einschlagswahrscheinlichkeit ist von der örtlichen Erdblitzdichte Ng abhängig, welche angibt, wie viele Blitzentladungen pro km² und Jahr auftreten. Die Gefährdung auf See ist umso größer, je mehr sich die Yacht äquatorialen Gewässern nähert. Allgemein ist es so, dass die Erdblitzdichte an Land (am Steg) sehr oft größer ist als auf See.
Erfolgt ein Blitzeinschlag in den Fiberglasmast einer Yacht, ist die Überschlagwahrscheinlichkeit auf die Kabel der Positionslaternen, Funkantenne oder zum Windmesser weitaus höher als bei einem Metallmast. Auf diese Weise gelangt der Blitzstrom ins Yachtinnere und verteilt sich über die gesamte Bordnetzverkabelung bis hin zum Echolot und Log. Diese können beschädigt werden und ein Wassereintritt kann die Folge sein. Während ein Wassereintritt auf See sicher bemerkt und abgestellt werden kann, bleibt er während des Überwinterns am Steg meist unbemerkt und die Yacht kann sinken.
Für den Schutz von Yachten wird häufig die Blitzschutzklasse III herangezogen, dies soll an einem Beispiel verdeutlicht werden. Aus der Darstellung im Bild 9.41.1 lassen sich mögliche Einschlagstellen bewerten. Alle Stellen, an denen die Blitzkugel die Yacht berührt, stellen potentielle Einschlagstellen dar und müssen geschützt werden.
Bild 9.41.1
Mögliche Einschlagspunkte bei einer Yacht nach dem Blitzkugelverfahren für die Blitzschutzklasse III
Blitzschutz
Für die Umsetzung von Blitzschutzmaßnahmen gilt es zu unterscheiden, ob der Mast bzw. der Rumpf der Yacht aus Metall oder einem nichtmetallischen Werkstoff besteht.
Metallische Yacht
Besteht die Yacht aus einem metallischen Rumpf mit direkt leitend verbundenem metallischen Mast, sind keine weiteren Maßnahmen zur Ableitung des Blitzstromes erforderlich. Kommt es zum Blitzeinschlag in den Mast dieser Yacht, wird der größte Teil des Blitzstromes über den Mast und Teilblitzströme über die Stagen zum Rumpf / Kiel und von dort zum Wasser hin abgeleitet (Bild 9.41.2).
Bild 9.41.2
Blitzstromverteilung bei einer Yacht nach einem Masteinschlag
Nichtmetallische Yacht
Handelt es sich hingegen um eine Yacht mit hölzernem oder GFK-Rumpf, sind zusätzliche Blitzschutzmaßnahmen erforderlich:
Besteht der Mast aus nicht leitfähigem Material, muss eine mindestens 12 mm dicke Fangstange den Mast um wenigstens 300 mm überragen. Eine notwendige Ableitung vom Mast nach unten kann aus Kupfer bestehen und sollte einen Querschnitt von mind. 70 mm2 aufweisen. Die Ableitung muss im Außenbereich der Yacht geführt und mit der Erdplatte verbunden werden. Die Erdplatte muss mindestens 0,25 m2 Fläche aufweisen und ebenfalls aus Kupfer oder einem anderen seewasserverträglichen Werkstoff bestehen.
Bei größeren Yachten kann es der Fall sein, dass für den Blitzschutz und die Spannungsversorgung unterschiedliche Erdplatten genutzt werden. Diese müssen dann mit genügend Abstand voneinander angebracht werden, um einen Überschlag zu vermeiden.
Kommt es zum Einschlag in die am nichtleitenden Mast angebrachte Fangstange, müssen die Blitzströme über die Ableitung am Mast sowie zusätzlich über die Wanten, Stagen und Püttinge zur Erdplatte abgeleitet werden. Dies setzt voraus, dass der Mast, die Wanten, die Stagen und die Püttinge mit der Erdplatte verbunden sind. Diese Verbindungen erfordern einen Mindestquerschnitt von 16 mm2 Kupfer. Alle blitzstromführenden Verbindungen sind in ihrem Verlauf ausschließlich durch Verschrauben, Nieten oder Schweißen herzustellen.
Mobiler Blitzschutz bei einem Metallmast
Besonders einfach und kostengünstig kann auch ein mobiler Blitzschutz aufgebaut werden, der vor allem beim Gelegenheitschartern einer Yacht sehr gerne genutzt wird. Hierbei wird der vorhandene Mast aus Aluminium im unteren Bereich mit einem Kugelbolzen versehen und dann als Ableiter genutzt. An den Kugelbolzen wird eine blitzstromtragfähige Klemme angebracht, die mit zwei weiteren Klemmen und zwei, mehrere Meter langen Kupfergeflechtbändern verbunden ist. Die Klemmen werden mit den Oberwanten verbunden, um diese ebenfalls als Ableiter zu nutzen. Die freien Enden der beiden Kupfergeflechtbänder sollen bei Gebrauch mindestens 1,5 m tief im Wasser hängen (Bild 9.41.3).
Bild 9.41.3
Mobiler Blitzschutz bei einer Yacht mit Metallmast
Alle Bauteile und Verbindungen hierfür müssen blitzstromtragfähig und korrosionsbeständig ausgeführt werden. Diese Schutzmaßnahme kann bei herannahenden Gewittern sehr schnell eingesetzt werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass Blitzschäden wie Rumpfdurchschläge hierdurch verhindert werden können, da der größte Teil des Blitzstromes über die Kupfergeflechtbänder ins Wasser fließt.
Netzversorgung
DIN VDE 0100-709 (Marinas und ähnliche Bereiche) beschreibt die besonderen Anforderungen für Versorgungsstromkreise (Landstromversorgung) von Wassersportfahrzeugen und Hausbooten, welche durch öffentliche Netzbetreiber gespeist werden. Unter Wassersportfahrzeugen sind Boote, Schiffe, Yachten, Motorbarkassen und Hausboote zu verstehen, die ausschließlich für Sport und Freizeit genutzt werden.
Die beschriebenen Betrachtungen / Aussagen beziehen sich ausschließlich auf die Netzversorgung mit einphasigem Wechselstrom im 230 V/50 Hz Netz. (In abgewandelter Form sind sie natürlich auch auf eine Drehstromversorgung anwendbar.) Die hierfür zu verwendenden Steckvorrichtungen müssen bis 63 A der DIN EN 60309-2 (Bauform CEE „blau“) entsprechen.
Aus Sicht des Korrosionsschutzes gilt es, den Schutzleiter der landseitigen Spannungsversorgung nicht mit den geerdeten metallischen Teilen des Wasserfahrzeugs zu verbinden. Der landseitige Schutzleiter wird für die Schutzmaßnahme „Schutz vor Körperdurchströmung“ auf der Yacht nicht benötigt, da ein auf der Yacht befindlicher Trenntransformator die Schutzmaßnahme gegen Körperdurchströmung in Verbindung mit einem Fehlerstromschutzschalter sicherstellt (Bild 9.41.4).
Bild 9.41.4
Verhinderung von Korrosion durch den Einsatz eines Trenntransformators im Verbund mit einer N/PE-Funkenstrecke
Potentialausgleich
Bei Yachten gilt allgemein, dass alle Schutzleiter der Bordelektrik und alle metallischen Teile mit dem gemeinsamen Potentialausgleichs- / Erdungssystem der Spannungsversorgung verbunden werden müssen. Durch diese Maßnahme wird sichergestellt, dass keine gefährliche Berührungsspannung / Funkenbildung auftreten kann.
Für die nicht blitzstromführenden Schutzpotentialausgleichsleiter ist ein Mindestquerschnitt von 6 mm2 Kupfer erforderlich. Als Leiterformen sind mehr-, ein- oder feindrähtige Leiter zu verwenden. Schwingungs- und vibrationsbedingt ist feindrähtigen Leitern der Vorzug zu geben. Hierbei ist zu beachten, dass durch die korrosive Umgebung (salzhaltig, feucht) und durch die Kapillarwirkung Leiterschädigungen auftreten können. Daher sind die Enden der feindrähtigen Leiter am Kabelschuh mit Schrumpfschlauch zu überziehen.
Blitzschutz / Überspannungsschutz der Yacht
Ein kombinierter Blitzstrom- und Überspannungs-Ableiter, der unmittelbar in der Netzversorgung installiert wird, ist eine der wichtigsten Schutzmaßnahmen (Bild 9.41.5).
Bild 9.41.5
Überspannungsgrundschutz für eine Yacht (Technische Daten des Herstellers der Überspannungsschutzgeräte sind zu beachten.)
Die Notwendigkeit dieses Ableiters wird an den folgenden zwei Bedrohungssituationen erläutert.
Erfolgt ein Blitzeinschlag in die Fangstange oder den metallischen Mast der am Steg liegenden und mit Netzspannung versorgten Yacht, wird das Potential dieser Yacht gegenüber dem Anschluss der Landversorgung angehoben. Ein Teil des Blitzstromes wird über das Wasser abgeleitet und je nach Leitfähigkeit des Wassers wird es zu einem Überschlag auf das Versorgungskabel der Landversorgung kommen. Dieser Überschlag führt neben einer Beschädigung der yachtinternen Leitungsanlage / Betriebsmitteln auch zu einer Brandgefährdung.
Noch wahrscheinlicher ist es jedoch, dass die am Steg liegende und mit Netzspannung versorgte Yacht durch einen landseitigen Blitzeinschlag gefährdet wird. In diesem Fall fließt der Blitzstrom in Richtung Yacht und verursacht dort die bereits beschriebenen Schäden.
Beim Einsatz des vorstehend beschriebenen Kombi-Ableiters Typ 1 ist schaltungstechnisch darauf zu achten, dass die Erdungs- / Potentialausgleichsanlage des Schiffes nicht über den Schutzleiter der Landversorgung zu unerwünschten Korrosionserscheinungen führt. Die dargestellte Schaltungsvariante (Bild 9.41.6) berücksichtigt eine Verwechslung der Polarität (L,N), welche bei Versorgungen aus Schuko-Steckdosen (nicht normkonform, aber dennoch anzutreffen) stattfindet. In diesen Fällen kommt sowohl der Außenleiter (L) als auch der Neutralleiter (N) nicht verdrehungssicher an den L- und N-Anschlüssen der Bordeinspeisung an.
Bild 9.41.6
Detaildarstellung der landseitigen Netzeinspeisung mit blitzstromtragfähigem Kombi-Ableiter Typ 1
Unabhängig davon, ob es sich um eine metallische oder nichtmetallische Yacht handelt, besteht die Gefahr, dass es in am Mast angebrachte Seefunkantennen, Windgeber usw. einschlägt. Durch deren Anordnung im nicht einschlagsgefährdeten Bereich (Fangspitze auf dem Mast) ist mit einem direkten Blitzeinschlag nicht zu rechnen (Bild 9.41.5).
Auch die Auswirkungen von durch Blitzeinschlag induzierten Überspannungen in informationstechnischen Systemen und bordseitigen Schaltüberspannungen (z. B. Bord-Generator, USV-Anlage usw.) sind zu berücksichtigen (Bild 9.41.5).
Blitzschutz / Überspannungsschutz der Landversorgung
Wie bereits im Absatz „Blitzschutz / Überspannungsschutz der Yacht“ beschrieben, treten zwei Bedrohungsrisiken auf (landseitiger und yachtseitiger Blitzeinschlag). Laut Absatz 534.4.6 der DIN VDE 0100-534 soll das Verschweißen von RCD-Kontakten wie auch deren Fehlauslösen vermieden werden.
Ein Verschweißen der Kontakte führt zum Funktionsverlust des für den zusätzlichen Schutz geforderten RCDs. Daher muss der RCD sowohl beim landseitigen als auch beim yachtseitigen Blitzeinschlag überspannungsschutztechnisch geschützt werden. Hieraus resultiert, dass in der landseitigen Unterverteilung sowohl in der Einspeisung als auch in jedem Steckdosenabgang blitzstromtragfähige SPDs eingesetzt werden müssen (Bild 9.41.7). Die Maßnahme in jedem Steckdosenabgang ein SPD einzubauen resultiert daher, dass nach 709.55.1.4 ein Wassersportfahrzeug nur über eine Steckdose versorgt werden darf und dass nach 709.531.3 die Forderung besteht, dass für jede Steckdose ein eigener RCD vorhanden sein muss.
Bild 9.41.7
Detaildarstellung der Überspannungsschutzbeschaltung zur Sicherstellung des zusätzlichen Schutzes durch Kombi-Ableiter Typ 1 im TNS-System
Um Fehlauslösungen auf ein akzeptables Maß zu begrenzen, sind RDCs der Bauart S nach DIN EN 61008-1 und DIN EN 61009-1 einsetzbar. Diese RCD-Bauart verhindert das Auslösen bei Impulsen bis zu 3 kA 8/20 µs. Je nach Anlage und Nutzung empfiehlt sich eine Einschaltüberwachung der RCDs.
Personenschutzmaßnahmen bei Gewitter
Die beschriebenen Maßnahmen des Potentialausgleichs für alle im Kapitel Potentialausgleich beispielhaft genannten Anschlüsse reduzieren die Gefährdung von Personen im Inneren der Yacht. Aus diesem Grund sollten sich Personen bei Gewitter wenn möglich
nicht auf Deck aufhalten, da es dort durch nasse Oberflächen zu Potentialunterschieden kommen kann, welche in Verbindung mit nasser Haut eine Gefährdung darstellen
keine Wanten, Stangen oder andere metallene Gegenstände berühren
bei vorhandener Blitzschutzanlage diese regelmäßig und nicht erst während eines Gewitters kontrollieren. Wichtig dabei ist zu prüfen, ob der Potentialausgleich, d. h., die Verbindung aller metallisch leitenden Einrichtungen an Bord mit dem Blitzableiter in Ordnung ist.