In der DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) wird darauf hingewiesen, dass in besonderen Fällen außerhalb eines Gebäudes die Berührungsspannung oder die Schrittspannung in der Nähe der Ableitungen lebensgefährlich werden kann, obwohl das Blitzschutzsystem nach dem Stand der Normung geplant wurde. Besondere Fälle sind beispielsweise die Eingangsbereiche oder Unterstellbereiche von baulichen Anlagen mit hoher Besucherfrequenz wie Theater, Kinos, Einkaufszentren, Kindergärten, bei denen blanke Ableitungen und Erder in unmittelbarer Nähe vorhanden sind.

Bei besonders exponierten (blitzgefährdeten) baulichen Anlagen, die dem öffentlichen Personenverkehr frei zugänglich sind, können ebenfalls Maßnahmen gegen unzulässig hohe Schritt- und Berührungsspannungen erforderlich sein. Diese Maßnahmen (z. B. Potentialsteuerung) werden in erster Linie bei Kirchen, Aussichtstürmen, Schutzhütten, Flutlichtmasten in Sportanlagen und Brücken angewendet.

Personenansammlungen können örtlich unterschiedlich sein (z. B. im Eingangsbereich von Einkaufszentren oder im Aufstiegsbereich von Aussichtstürmen). Somit sind nur in diesen besonders gefährdeten Bereichen Maßnahmen zur Reduzierung der Schritt- und Berührungsspannungen notwendig. Hier werden Potentialsteuerung, Isolierung des Standortes oder weitere, nachfolgend beschriebene Maßnahmen angewendet. Die einzelnen Maßnahmen können auch untereinander kombiniert werden.

Definition der Berührungsspannung

Die Berührungsspannung ist die Spannung, die auf einen Menschen zwischen seiner Standfläche auf der Erde und bei einer Berührung der Ableitung einwirkt. Der Stromweg führt von der Hand über den Körper zu den Füßen (Bild 5.7.1).

Bild 5.7.1 Prinzipdarstellung Schritt- und Berührungsspannung

Die Gefahr der unzulässig hohen Berührungsspannung besteht nicht bei einer Stahlskelett- oder Stahlbetonbauweise, vorausgesetzt, dass die Bewehrung sicher durchverbunden ist oder die Ableitungen im Beton verlegt sind.

Weiterhin kann bei metallenen Fassaden die Berührungsspannung vernachlässigt werden, wenn diese in den Potentialausgleich eingebunden sind und/oder als natürliche Bestandteile der Ableitung verwendet werden.

Ist in den gefährdeten Bereichen außerhalb der baulichen Anlage bereits unterhalb der Erdoberfläche ein bewehrter Beton mit einer sicheren Anbindung der Bewehrung an den Fundamenterder vorhanden, verbessert diese Maßnahme bereits den Verlauf des Potentialtrichters und wirkt als Potentialsteuerung. Somit kann die Schrittspannung in der Betrachtung vernachlässigt werden.

Die Gefahr, dass eine Person durch Berührung der Ableitung Schaden nimmt, kann durch folgende Maßnahmen reduziert werden:

  • Die Ableitung wird mit Isolierstoff ummantelt (min. 3 mm vernetzes Polyethylen mit einer Stehstoßspannungsfestigkeit von 100 kV, 1,2/50 µs).
  • Die Position der Ableitungen kann verändert werden, sodass sie sich z. B. nicht im Eingangsbereich der baulichen Anlage befinden.
  • Die Wahrscheinlichkeit der Häufung von Personen kann durch Hinweisschilder oder Verbotstafeln reduziert werden. Auch Absperrungen sind denkbar.
  • Der Übergangswiderstand der oberflächlichen Bodenschicht ist innerhalb von 3 m um die Ableitungen nicht kleiner als 100 kΩ.
    Anmerkung: Eine Schicht Isolierstoff, z. B. Asphalt, mit einer Dicke von 5 cm reduziert im Allgemeinen die Gefahr auf ein annehmbares Maß (DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3)).
  • Verdichtung des Maschennetzes der Erdungsanlage durch Potentialsteuerung.

Anmerkung: Ein Regenfallrohr – auch wenn dieses Rohr nicht als Ableitung definiert ist – kann für Personen bei Berührung eine Gefahr darstellen. In diesem Fall ist z. B. das metallene Rohr durch ein PVC-Rohr zu ersetzen (Höhe: 3 m).

Definition der Schrittspannung

Die Schrittspannung ist ein Teil der Erdungsspannung, der vom Mensch mit einem Schritt von 1 m Länge überbrückt werden kann, wobei der Stromweg über den menschlichen Köper von Fuß zu Fuß verläuft (Bild 5.7.1).

Die Schrittspannung hängt von der Form des Potentialtrichters ab. Wie aus der Darstellung ersichtlich, wird die Schrittspannung mit zunehmender Entfernung zum Gebäude geringer. Somit wird das Risiko für Personen mit zunehmenden Abstand zur baulichen Anlage verringert.

Für die Reduzierung der Schrittspannung können folgende Maßnahmen angewendet werden:

  • Der Zugang von Personen zu den gefährdeten Bereichen kann verhindert werden (z. B. durch Absperrungen oder Zäune).
  • Verringerung der Maschenweite des Erdungsnetzes –Potentialsteuerung.
  • Der Übergangswiderstand der oberflächlichen Bodenschicht ist innerhalb von 3 m um die Ableitungen nicht kleiner als 100 kΩ (DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3)).

Wenn sich viele Personen häufig in einem gefährdeten Bereich in der Nähe der zu schützenden baulichen Anlage aufhalten, sollte eine Potentialsteuerung zum Schutze dieser Personen vorgesehen werden.
Ausreichend ist die Potentialsteuerung, wenn das Widerstandsgefälle auf der Erdoberfläche im zu schützenden Bereich nicht mehr als 1 Ω/m beträgt.
Hierzu sollte zu einem bestehenden Fundamenterder ein zusätzlicher Ringerder im Abstand von 1 m und einer Tiefe von 0,5 m eingebracht werden.
Ist für die bauliche Anlage eine Erdungsanlage in Form eines Ringerders vorhanden, so ist dieser bereits „der erste Ring“ der Potentialsteuerung. Weitere Ringerder sollten im Abstand von 3 m zum ersten und den weiteren Ringerdern installiert werden. Mit zunehmender Entfernung zum Gebäude soll die Tiefe (jeweils 0,5 m) vergrößert werden (siehe Tabelle 5.7.1).

 

Abstand zum Gebäude

Tiefe

1. Ring

1 m

0,5 m

2. Ring

4 m

1,0 m

3. Ring

7 m

1,5 m

4. Ring

10 m

2,0 m

Tabelle 5.7.1 Ringabstände und Tiefen der Potentialsteuerung

Wird eine Potentialsteuerung für eine bauliche Anlage realisiert, ist diese z.B. wie folgt zu installieren (Bild 5.7.2 und Bild 5.7.3):

  • Die Ableitungen sind mit allen Ringen der Potentialsteuerung zu verbinden.
  • Eine Verbindung der einzelnen Ringe ist jedoch mindestens zweimal herzustellen (Bild 5.7.4).
Bild 5.7.2 Potentialsteuerung – Prinzipielle Darstellung und Verlauf des Potentialtrichters
Bild 5.7.3 Mögliche Potentialsteuerung im Bereich des Eingangs einer baulichen Anlage
Bild 5.7.4 Ausführung der Potentialsteuerung für einen Flutlicht- oder Mobilfunkmast

Können Ringerder (Steuererder) nicht kreisförmig ausgeführt werden, so sind diese an den Enden mit den anderen Enden der Ringerder zu verbinden. Es sollten mindestens zwei Verbindungen innerhalb der einzelnen Ringe erstellt werden (Bild 5.7.5).

Bild 5.7.5 Anschlusssteuerung am Ringerder/ Fundamenterder

Bei der Auswahl der Werkstoffe für die Ringerder muss die mögliche Korrosionsbelastung beachtet werden (Kapitel 5.5.7). Unter der Berücksichtigung der galvanischen Elementebildung zwischen Fundamenterder und Ringerder hat sich der Werkstoff NIRO (V4A), z. B. Werkstoff-Nr. 1.4571, bewährt. Ringerder können als Runddraht Ø 10 mm oder als Band 30 mm x 3,5 mm ausgeführt werden.

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