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9.33
Blitz- und Überspannungsschutz für Biogasanlagen
In modernen Biogasanlagen werden biologisch abbaubare organische Substrate wie Gülle, Mist, Gras, Stroh, Biotonnenabfälle, Reste der Zucker-, Wein-, Bierherstellung, Speisereste und Fette vergoren. Dazu werden die organischen Materialien in einen luftabgeschlossenen Behälter (Fermenter / Gärbehälter) gefüllt. In dieser sauerstofffreien Umgebung produzieren Bakterien aus den vergärbaren, organischen Bestandteilen der Biomasse Biogas. Das produzierte Biogas wird verwendet, um Wärme und Strom zu erzeugen.
In Bild 9.33.1 ist das Grundprinzip einer Biogasanlage dargestellt. Biogasanlagen bestehen häufig aus Eintragssystemen für Feststoffe und/oder Flüssigsubstrate, einem oder mehreren beheizbaren Fermentern, einem Endlagerbehälter, ggf. einem Nachfermenter (Nachgärbehälter), einem Gasspeicher und gegebenenfalls einer Gasaufbereitung. Der Gasmotor mit Wärmetauscher und angekoppeltem Generator wird als Blockheizkraftwerk (BHKW) bezeichnet.
Das BHKW erzeugt, bezogen auf den Energieinhalt von Biogas, mit einem Wirkungsgrad von etwa 30 % elektrischen Strom und mit einem Wirkungsgrad von etwa 60 % Wärme. Die elektrische Energie wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Die Wärme wird zum Teil zum Beheizen des Fermenters verwendet, während die überschüssige Wärme beispielsweise für die Beheizung der Wohn- und landwirtschaftlichen Gebäude genutzt wird.
Notwendigkeit eines Blitzschutzsystems
Bei der Erzeugung, Lagerung und energetischen Verwertung von Biogas können unterschiedlichste Gefahren und Risiken für Mensch, Umwelt und Anlagentechnik auftreten. Durch eine Gefahrenanalyse nach BImSchG / BetrSichV werden mögliche Gefahrenquellen betrachtet, die einen Störfall oder ein gefährliches Ereignis verursachen können, um entsprechende Vorkehrungen und Schutzmaßnahmen treffen zu können.
In den Sicherheitsregeln für landwirtschaftliche Biogasanlagen der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft sowie der BGR 104 wird darauf hingewiesen, dass in explosionsgefährdeten Bereichen zur Vermeidung von Zündquellen „Maßnahmen, welche die Entzündung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre verhindern“, durchzuführen sind.
Nach DIN EN 1127-1, Absatz 5 werden dreizehn verschiedene Zündquellen unterschieden. Im Absatz 5.7 der DIN EN 1127-1 wie auch in der BGR 104 wird der Blitz als Zündquelle beschrieben: „Wenn ein Blitz in explosionsfähige Atmosphäre einschlägt, wird diese stets entzündet. Daneben besteht eine Zündmöglichkeit auch durch die Erwärmung der Ableitwege des Blitzes. Von der Blitzeinschlagstelle aus fließen Ströme, die auch in größeren Entfernungen nach allen Richtungen von der Einschlagstelle zündfähige Funken und Sprühfeuer auslösen können. Selbst ohne direkten Blitzschlag können Entladungen bei Gewittern zu hohen induzierten Spannungen in Anlageninstallationen, Geräten und Komponenten führen.“
Zur Festlegung von entsprechenden Schutzmaßnahmen wird mit dem Berechnungsverfahren nach DIN EN 62305-2 (VDE 0185-305-2) eine Risikoanalyse durchgeführt. Deren Aufgabe ist es, das Schadensrisiko durch direkte und indirekte Blitzeinschläge für eine bauliche Anlage einschließlich darin befindlicher Personen und Ausrüstung zu bestimmen. Ist das Schadensrisiko größer als ein akzeptierbares Risiko, muss das Schadensrisiko infolge Blitzschlag durch Blitzschutzmaßnahmen so minimiert werden, dass es das akzeptierbare Risiko nicht mehr übersteigt.
Im Beiblatt 2 der DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) werden zusätzliche Informationen für besondere bauliche Anlagen gegeben. Darin werden auch die Anforderungen an den Blitzschutz bei Biogasanlagen näher spezifiziert. Demnach sollen Biogasanlagen durch getrennte Fang- und Ableitungseinrichtungen geschützt werden, wenn durch zündfähige Funken an Stoß- und Verbindungsstellen Gefahren nicht ausgeschlossen werden können.
Äußerer Blitzschutz
Herzstück jeder Biogasanlage ist der Fermenter. Auf dem Markt gibt es ein breites Spektrum an Fermenter- und Gärsystemen, die sich in ihrer Bauweise unterscheiden. Das erforderliche Blitzschutzsystem muss immer den baulichen Gegebenheiten dieser Fermenter / Gärsysteme angepasst werden. Bei gleichen Schutzzielen können sich unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten ergeben. Wie im Beiblatt 2 der DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) genannt, entspricht ein Blitzschutzsystem der Schutzklasse II den normalen Anforderungen für explosionsgefährdete Anlagen und damit für Biogasanlagen.
Das Blitzschutzsystem besteht aus äußerem und innerem Blitzschutz. Der äußere Blitzschutz hat die Aufgabe, alle Blitzeinschläge, einschließlich seitlicher Einschläge in die bauliche Anlage, einzufangen, den Blitzstrom vom Einschlagpunkt zur Erde abzuleiten und in der Erde zu verteilen, ohne dass durch thermische, mechanische oder elektrische Wirkungen Schäden an der zu schützenden baulichen Anlage auftreten.
Fermenter mit Folienhaube
Bei Biogasanlagen kommen häufig Fermenter mit Folienhaube zum Einsatz. Ein Blitzeinschlag in die Folienhaube des Fermenters führt zu deren Beschädigung. Durch die Schmelz- und Sprühwirkungen an der Einschlagstelle besteht Brand- und Explosionsgefahr. Die Blitzschutzmaßnahmen müssen so ausgeführt werden, dass es zu keinem direkten Blitzeinschlag in die Folienhaube des Fermenters kommt (Bild 9.33.2).
Bild 9.33.2
Einsatz des DEHNiso-Combi-Systems zum Schutz eines Fermenters mit Folienhaube
Nach den Sicherheitsregeln für landwirtschaftliche Biogasanlagen ist z. B. Ex-Zone 2 im Bereich von 3 m um die Folienhaube des Fermenters festgelegt. Die Ex-Zone 2 beinhaltet nur selten und kurzzeitig eine explosionsfähige Atmosphäre. Das bedeutet, dass in der Ex-Zone 2 nur bei seltenen, unvorhergesehenen Betriebszuständen (Störungsfall und Servicearbeiten) mit Ex-Atmosphäre zu rechnen ist. In der Ex-Zone 2 ist daher nach DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) die Positionierung von Fangeinrichtungen zulässig.
Die Höhe und Anzahl der Fangeinrichtungen werden mittels des Blitzkugelverfahrens ermittelt. Maßgeblich für die Auslegung der Fangeinrichtung ist der Durchhang der Blitzkugel. Dieser kann nach DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) ermittelt werden. Entsprechend der Schutzklasse II für explosionsgefährdete Anlagen ergibt sich ein Blitzkugelradius von 30 m (Bild 9.33.2).
Die Innenmembrane im Gasspeicher des Fermenters liegt je nach Gasmenge an der metallenen Innenwand des Fermenters an. Damit es zu keinen unkontrollierten Überschlägen von der Ableitung auf die metallene Wand des Fermenters kommt, wird diese als getrennte Ableitung ausgeführt. Durch die getrennte Führung der Ableitung über Distanzhalter aus GFK (GFK – glasfaserverstärkter Kunststoff) kann eine elektrische Isolation des Blitzschutzsystems von leitenden Teilen des Fermenters erreicht werden. Die Länge der Distanzhalter ergibt sich aus dem Trennungsabstand, der nach DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) ermittelt wird.
Das DEHNiso-Combi Set nach Tabelle 9.33.1 kommt bei dem im Bild 9.33.2 gezeigten Anwendungsfall zum Einsatz.
Eine weitere Möglichkeit, einen direkten Blitzeinschlag in einen Fermenter mit Folienhaube zu vermeiden, ist der Einsatz von Tele-Blitzschutzmasten (Bild 9.33.3). Die Maste werden im gewachsenen Boden oder im Bodenfundament errichtet. Mit diesen Masten können freie Höhen über Flur bis zu 25 m oder bei Sonderanfertigungen auch höher erreicht werden. Nähere Angaben zum Einsatz von Tele-Blitzschutzmasten finden Sie in der Montageanleitung Nr. 1729.
Bild 9.33.3
Schutz eines Fermenters mit Folienhaube mit Tele-Blitzschutzmasten
Eine dritte Lösungsmöglichkeit, um den Fermenter mit Folienhaube vor einem direkten Blitzeinschlag zu schützen, ist der Einsatz der HVI-Leitung. Die HVI-Leitung ist eine hochspannungsfeste, isolierte Leitung mit einem speziellen Außenmantel. Typisch ist die Anwendung als isolierte Ableitung im Blitzschutz zur Beherrschung des Trennungsabstands nach DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3).
Hierzu ist zunächst der Trennungsabstand nach DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) zu berechnen. Anschließend muss geprüft werden, ob dieser errechnete Trennungsabstand mit dem äquivalenten Trennungsabstand der HVI-Leitung realisiert werden kann. Es gibt zwei Lösungsvarianten:
1. Variante: Fangmaste mit einer HVI-Leitung vorkonfektioniert – innenverlegt (Bild 9.33.4). Die maximale Gesamtlänge der Fangeinrichtung von der Potentialausgleichsebene (Erdungsanlage) bis zur Fangspitze beträgt hier 15,5 m (bei BSK II), wobei die maximale freie Länge über der Fermenteroberkante 8,5 m betragen darf (mechanische Gründe).
2. Variante: Fangmaste mit einer HVI-power-Leitung vorkonfektioniert – innenverlegt (Bild 9.33.5). Die max. Gesamtlänge der Fangeinrichtung von der Potentialausgleichsebene bis zur Fangspitze beträgt hier 18 m (bei BSK II), wobei die maximale freie Länge über der Fermenteroberkante ebenfalls 8,5 m beträgt.
Bild 9.33.4
Schutz des Fermenters mittels Fangmaste, isoliert mit einer HVI-Leitung (Art.-Nr. 819 730) Bild 9.33.5
Schutz des Fermenters mittels Fangmaste, isoliert mit einer HVI-power-Leitung (Art.-Nr. 819 760)
Hinweis Planungsdienstleistung
Da es sich bei getrennten Fangeinrichtungen durchaus um komplexe, umfangreiche Systeme handelt, sind wir Ihnen gerne bei der Planung behilflich. DEHN bietet in diesem Zusammenhang eine entgeltliche Planungsleistung von getrennten Fangeinrichtungen auf der Basis von HVI-Leitungen, DEHNiso-Combi-System oder auch Tele-Blitzschutzmasten an. Im Leistungsumfang der Planung sind enthalten:
Erstellen der Zeichnungen des Blitzschutzes (Übersichtszeichnungen)
Detailzeichnungen für die getrennte Fangeinrichtung (teilweise in Form von Explosionszeichnungen)
Umfangreiche Stückliste der benötigten Bauteile für die getrennte Fangeinrichtung
Erstellen eines Angebots basierend auf dieser Stückliste.
Bei Interesse sprechen Sie bitte mit Ihrem Betreuer vor Ort oder mit dem Stammhaus in Neumarkt (www.dehn.de).
Gärbehälter aus Metalltafeln
Gärbehälter aus Metalltafeln haben üblicherweise eine Dicke von 0,7 bis 1,2 mm. Diese einzelnen Metalltafeln sind miteinander verschraubt (Bild 9.33.6). Für die Nutzung von Metallblechen als natürliche Fangeinrichtung müssen die Dicken der Metallbleche nach Tabelle 3 aus DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) berücksichtigt werden. Werden die Dicken der Metallbleche aus Tabelle 3 der DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) nicht eingehalten, kann ein Blitzeinschlag zum Durchschmelzen oder unzulässigen Erhitzen am Einschlagpunkt führen. Es besteht Brand- und Explosionsgefahr.
Bild 9.33.6
Gärbehälter aus geschraubten Metalltafeln
Diese Gärbehälter sind dann durch zusätzliche Fangeinrichtungen zu schützen, damit es am Einschlagpunkt zu keinen Ausschmelzungen kommt. Hier wird ein isoliertes Blitzschutzsystem errichtet. Die Anordnung der Fangeinrichtung wird mit Hilfe des Blitzkugelverfahrens ermittelt. Die Ableitung wird über Distanzhalter gemäß dem ermittelten Trennungsabstand an den Metalltafeln entlanggeführt (Bild 9.33.7).
Bild 9.33.7
Schutz des Gärbehälters aus Metalltafeln mit isolierter Fang-einrichtung (Quelle: Büro für Technik, Hösbach)
Stahlbehälter
In Bild 9.33.8 ist ein Biogasbehälter mit einem Gehäuse aus vollständig verschweißten Stahlblechen gezeigt. Die Anforderungen an das Material sind laut Tabelle 3 der DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) ab einer Mindestwandstärke des Gehäuses von 4 mm beim Werkstoff Stahl erfüllt. Für das Blitzschutzsystem gilt dann die Anforderung entsprechend DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) im Anhang D „Weitere Informationen für Blitzschutzsysteme für explosionsgefährdete bauliche Anlagen“. Befinden sich die Ex-Zonen von Ausblasöffnungen im Schutzbereich von metallenen blitzstromtragfähigen Gehäuseteilen, so sind keine weiteren Fangeinrichtungen notwendig.
Ist das nicht der Fall, so sind zusätzliche Fangeinrichtungen zu errichten, um die Ausblasöffnungen vor direkten Einschlägen zu schützen. Diese zusätzlichen Fangeinrichtungen müssen blitzstromtragfähig mit dem Gehäuse des Behälters verbunden werden, ohne die Korrosionsschutzmaßnahmen negativ zu beeinflussen. Kann dies nicht sichergestellt werden, ist ein getrenntes Blitzschutzsystem (HVI-Leitung, DEHNiso-Combi) zu errichten.
Erdungskonzept
Um hohe Potentialdifferenzen zwischen den einzelnen Erdungsanlagen zu vermeiden, werden diese zu einer Gesamterdungsanlage verbunden (Bild 9.33.9). Dies geschieht durch das Vermaschen der einzelnen Gebäude- und Systemerdungsanlagen. Maschenweiten von 20 m x 20 m bis zu 40 m x 40 m haben sich hier als wirtschaftlich und technisch sinnvoll erwiesen. Durch das Vermaschen aller Erdungsanlagen werden Potentialdifferenzen zwischen den Anlagenteilen deutlich reduziert. Auch die Spannungsbeanspruchung der gebäudeüberschreitenden elektrischen Verbindungsleitungen im Fall einer Blitzeinwirkung wird damit verringert.
Bild 9.33.9
Vermaschte Erdungsanlage für eine Biogasanlage
Netzeinspeisung
Das erzeugte Biogas wird üblicherweise in Gas- oder Zündstrahlmotoren zur Erzeugung von Strom und Wärme genutzt. In diesem Zusammenhang werden derartige Motoren als Blockheizkraftwerke (BHKW) bezeichnet. Diese BHKWs befinden sich in einem separaten Betriebsgebäude. Im selben oder in einem separaten Raum innerhalb dieses Betriebsgebäudes sind die E-Technik, Schaltschränke und Steuerschränke aufgebaut. Die durch die BHKW erzeugte elektrische Energie wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist (Bild 9.33.10).
Bild 9.33.10
Auszug aus einem Übersichtsschaltplan einer Biogasanlage
Wesentlicher Bestandteil eines Blitzschutzsystems ist der Blitzschutz-Potentialausgleich, der für alle von außen ins Gebäude eingeführten leitfähigen Systeme auszuführen ist. Der Blitzschutz-Potentialausgleich fordert, dass alle metallenen Systeme möglichst niederimpedant und alle unter Betriebsspannung stehenden Systeme indirekt über Überspannungsschutzgeräte Typ 1 in den Potentialausgleich einzubinden sind.
Der Blitzschutz-Potentialausgleich soll möglichst nahe an der Eintrittsstelle der baulichen Anlage erfolgen, um ein Eindringen von Blitzteilströmen in das Gebäude zu verhindern. So werden in die von außen eingeführten 230/400 AC-Leitungen der NSHV der Abnehmeranlage (Bild 9.33.10) Überspannungsschutzgeräte (SPD – Surge protective device) SPD Typ 1 eingesetzt. Solch ein Überspannungsschutzgerät SPD Typ 1 auf RADAX-FLOW-Funkenstreckenbasis für Energieversorgungsanlagen ist z. B. das DEHNventil.
Dieser Blitzstrom-Ableiter hat ein Ableitvermögen bis zu 25 kA (10/350 μs) pro Pol. Durch das patentierte RADAX-Flow-Prinzip werden Anlagenkurzschlussströme (Folgeströme) bis zu 100 kAeff begrenzt und gelöscht. Unerwünschte Versorgungsunterbrechungen durch ein Auslösen der Hauptsicherungen werden somit vermieden. In nachgeschalteten Unterverteilungen werden Überspannungs-Ableiter des Typs 2 DEHNguard M TNS 275 FM eingebaut.
Im BHKW-Verteiler (Bild 9.33.10) kommt ein mehrpoliger, modularer Kombi-Ableiter mit hoher Folgestrombegrenzung zum Einsatz, das DEHNventil. Dieser Kombi-Ableiter auf Funkenstreckenbasis ist anschlussfertig und besteht aus einem Basisteil und gesteckten Schutzmodulen. Mit dem DEHNventil werden höchste Anlagenverfügbarkeit und eine Ausschaltselektivität zu 20 A gG-Sicherungen sowie die Begrenzung und Löschung von Netzfolgeströmen bis zu 100 kAeff Kurzschlussstrom sichergestellt.
Bei geringen Entfernungen zwischen dem DEHNventil und den Verbrauchern (≤ 5 m) ist auch ein Endgeräteschutz gegeben.
Fernüberwachung
Durch das Fernüberwachungssystem ist es möglich, dass die Leistungsdaten der Biogasanlage ständig zur Verfügung stehen. Die anlagenspezifischen Messwerte können direkt an der Erfassungseinheit abgelesen werden. Die Datenerfassungseinheit verfügt über Schnittstellen wie Ethernet oder RS 485, an die ein PC und/oder Modems zur Fernabfrage und -wartung angeschlossen werden. Durch Fernüberwachung kann sich das Servicepersonal in bestehende Anlagen einwählen und dem Betreiber bei Störfällen sofort Hilfestellung geben.
Die Weiterleitung der messtechnischen Daten über das Fernmeldenetz muss sichergestellt sein, damit eine ständige Kontrolle und Optimierung der Anlagenleistung vorgenommen werden kann. Hierzu wird die Kommunikations-Schnittstelle mit einem Kombiableiter DEHNbox TC 180 oder BLITZDUCTOR XT geschützt (Bild 9.33.11). Für Telekommunikations-Endgeräte und Telefonanlagen mit RJ-Steckverbindung empfiehlt sich der Einsatz eines Überspannungs-Ableiters vom Typ DEHNprotector zum Schutz der Energie- und Datenseite.
Bild 9.33.11
Überspannungsschutz für Anlagen der Informationstechnik
In Bild 9.33.11 ist außerdem der Schutz einer Überwachungskamera gezeigt. Zum Schutz der Datenleitung (Datennetzwerk – Ethernet) kommt der Ableiter DPA M CAT6 RJ45S 48 mit Patchleitung zum Einsatz. Sollte für die Bildübertragung eine Koaxialleitung verwendet werden, kommt der Ableiter DGA BNC VCID zur Anwendung.
Prozesssteuerung
Die Steuerung ist eine Kernkomponente der Biogasanlage. Sie soll zentral alle Pumpen und Rührwerke betätigen können, Prozessdaten wie Gasmenge und Gasqualität registrieren, Temperatur überwachen und alle Inputstoffe erfassen, sämtliche Daten visualisieren und dokumentieren. Kommt es zum Ausfall der Prozesssteuerung durch Überspannung, werden verfahrenstechnische Abläufe zur Erzeugung des Biogases gestört und abgebrochen. Da diese Vorgänge ohnehin sehr komplex sind, kann es bei einer ungeplanten Außerbetriebnahme noch zu zusätzlichen Schwierigkeiten kommen, sodass eine Verlängerung des Ausfallzeitraumes um mehrere Wochen möglich ist.
Im Steuerschrank befindet sich die Steuereinheit. Neben digitalen Ein- und Ausgängen werden hier z. B. Pt100-Signale, 4 – 20 mA-Signale und ähnliche ausgewertet. Um eine ungestörte und fortlaufende Übertragung der messtechnischen Daten an die Steuereinheit im Steuerschrank jederzeit sicherzustellen, sind die gebäudeüberschreitenden Steuer- und Signalleitungen, z. B. von den Frequenzumrichtern und Stellantrieben, möglichst nahe am Eintrittspunkt mit Blitzstrom-Ableitern (Kategorie D1), Typ BLITZDUCTOR XT zu beschalten (Bild 9.33.12).
In diesem Überspannungs-Ableiter ist eine berührungslose und schnelle Ableiterprüfung, der LifeCheck, integriert. Die Auswahl der Schutzgeräte für informationstechnische Systeme erfolgt nach der maximalen Betriebsspannung, dem Nennstrom, der Signalart (DC, NF, HF) und der Signalübertragung (symmetrisch, unsymmetrisch). In Bild 9.33.11 sind Schutzgeräte für Signal- und Steuerleitungen beispielhaft aufgeführt.
Zum Schutz von 2-Leiter-Feldgeräten, wie Druck- oder Füllstandssensoren, Ventilen, Drucktransmittern oder Durchflussmessgeräten empfiehlt sich der Einsatz des Überspannungs-Ableiters DEHNpipe (Bild 9.33.13). Dieser Ableiter bietet einen energetisch koordinierten Überspannungsschutz für Feldgeräte im Außenbereich bei minimierten Platzbedarf.
Bild 9.33.13
Überspannungs-Ableiter DEHNpipe für den Außen bereich zum Einschrauben in 2-Leiter-Feldgeräte