Die vorrangigen Störquellen für zu schützende Geräte und Anlagen in einem Objekt sind der Blitzstrom und das damit verbundene elektromagnetische Feld. Im Bild 7.3.1 ist die prinzipielle Wirkungsweise von Gitterstrukturen dargestellt. Die Berechnungsgrundlagen sind in der Norm DIN EN 62305-4 (VDE 0185-305-4) beschrieben.

Bild 7.3.1 Reduzierung des Magnetfeldes durch Gitterschirme

Berechnungsgrundlagen fußen auf Annahmen und Abschätzungen. Mit einer ersten Näherung soll die komplexe Verteilung des magnetischen Feldes innerhalb von gitterförmigen Schirmen bestimmt werden. Die Formeln für die Bestimmung des magnetischen Feldes basieren auf numerischen Berechnungen des magnetischen Feldes. Bei der Berechnung wurde die magnetische Feldkopplung jedes Stabes des gitterförmigen Schirmes mit allen anderen Stäben, einschließlich des simulierten Blitzkanals, berücksichtigt.

Für die Aussage, ob die Wirkung des elektromagnetischen Feldes des ersten Teilblitzes oder die des Folgeblitzes für die zu schützende elektrische Einrichtung die kritischere Störgröße ist, müssen Berechnungen mit dem Maximalwert des Stromes des ersten positiven Teilblitzes (if/max) sowie des ersten negativen Teilblitzes (ifn/max) und mit dem Maximalwert des Stromes der Folgeblitze (is/max) entsprechend des Gefährdungspegels nach Tabelle 3 aus DIN EN 62305-1 (VDE 0185-305-1) durchgeführt werden.

Die Schirmwirkung von gitterförmigen Schirmen bei direkten Blitzeinschlägen kann durch die in Bild 7.3.2a und Bild 7.3.2b dargestellte Formel berechnet werden. Dieser Betrachtung liegt zugrunde, dass die Blitzstromeinkopplung an einer beliebigen Stelle des Daches erfolgt.

Bild 7.3.2a Magnetfeld bei direktem Blitzeinschlag innerhalb der LPZ 1 (LEMP) DIN EN 62305-4 (VDE 0185-305-4)
Bild 7.3.2b Magnetische Feldstärke bei direktem Blitzeinschlag innerhalb der LPZ 2

Bei der Berechnung der Sicherheitsabstände ist in Ergänzung zu den Aussagen, die in der aktuellen DIN EN 62305-4 getroffen werden, noch Folgendes zu beachten:
Innere elektronische Systeme dürfen nur innerhalb eines Sicherheitsvolumens installiert werden, das einen Sicherheitsabstand vom Schirm der LPZ enthält. Die bisherigen Definitionen dieser Sicherheitsabstände ds/1 und ds/2 wurden oft fälschlicherweise LPZ 1 und LPZ 2 zugeordnet.

ds/1 Sicherheitsabstand im Falle eines räumlichen Schirmes von LPZ 1, wenn ein Blitzstrom in diesem räumlichen Schirm fließt. (Der räumliche Schirm von LPZ 1 erzeugt ein magnetisches Feld. Es kann dann kein Schirmfaktor zugeordnet werden:
=> gültig nur im Falle eines direkten Blitzeinschlags (S1) in den Schirm von LPZ 1.)
ds/2 Sicherheitsabstand im Falle von räumlichen Schirmen, wenn kein Blitzstrom in diesen räumlichen Schirmen fließt (der Schirmfaktor definiert die Dämpfung von Hn auf Hn+1):
=> gültig für alle räumlichen Schirme von LPZ 1 oder höher bei nahen Einschlägen (S2)
oder
=> gültig für alle inneren räumlichen Schirme von LPZ 2 oder höher bei einem direkten Blitzeinschlag (S1) oder bei nahen Einschlägen.

Von Deutschland wurden deshalb für die zukünftige Überarbeitung der Blitzschutznorm DIN EN 62305-4 entsprechende Klarstellungen vorgeschlagen, die vor allem redaktioneller Art sind.
Es sollen zukünftig folgende neue Bezeichnungen verwendet werden:

  • ds/1wird dDF bei direkten Blitzeinschlägen in den Schirm von LPZ 1;
  • ds/2 wird dSF bei Anwendung des Schirmungsfaktors SF.

Die Berechnungsformeln der Sicherheitsabstände sind demnach entsprechend anzupassen.

Berechnung der magnetischen Feldstärke bei Direkteinschlag

Für die magnetische Feldstärke H1 in einem bestimmten Punkt innerhalb von LPZ 1 gilt die folgende Gleichung:

drder kürzeste Abstand zwischen dem betrachteten Punkt und dem Dach der geschirmten LPZ 1 in m;
dwder kürzeste Abstand zwischen dem betrachteten Punkt und der Wand der geschirmten LPZ 1 in m;
I0der Blitzstrom in LPZ 0A in A;
khder Geometriefaktor, typischer Wert kh = 0,01 in 1/√m;
wmdie Maschenweite des gitterförmigen Schirms von 
LPZ 1 in m.

Daraus folgt für den Höchstwert des magnetischen Feldes in LPZ 1 (Anmerkungen 1 und 2 beachten):

  • bedingt durch den positiven ersten Teilblitz:
  • bedingt durch den negativen ersten Teilblitz:
  • bedingt durch die Folgeblitze:

Dabei ist

If/max der Höchstwert des positiven ersten Teilblitzstroms entsprechend dem Gefährdungspegel in A;
Ifn/max der Höchstwert des negativen ersten Teilblitzstroms entsprechend dem Gefährdungspegel in A;
Is/max der Höchstwert der Folgeblitzströme entsprechend dem Gefährdungspegel in A.

Anmerkung: Das magnetische Feld vermindert sich um den Faktor 2, wenn ein vermaschtes Potentialausgleichsnetzwerk nach DIN EN 62305, Teil 4 5.2 installiert ist.

Diese Werte des magnetischen Feldes gelten nur im Sicherheitsvolumen Vs innerhalb des gitterförmigen Schirms mit dem Sicherheitsabstand ds/1 zum Schirm (Bild 7.3.3):

Bild 7.3.3 Volumen für elektronische Geräte innerhalb LPZ 1

Dabei ist

SFder aus den Gleichungen der Tabelle 7.3.1 bestimmte Schirmfaktor in dB;
wmdie Maschenweite des gitterförmigen Schirms in m.

Material

Schirmfaktor SF (dB)

25 kHz

erster Teilblitz

1 MHz

Folgeblitze

Kupfer oder Aluminium

20 ∙ log (8,5/wm)

20 ∙ log (8,5/wm)

Stahl

20 ∙ log (8,5/wm)

wm = Maschenweite [m] (wm ≤ 5 m); rc = Stabradius [m];
µr ≈ 200 (Permeabilität)

Beispiel: Stahl-Gitter

wm (m)

r (m)

dB bei 25 kHz

dB bei 1 MHz

0,012

0,0010

44

57

0,100

0,0060

37

39

0,200

0,0090

32

33

0,400

0,0125

26

27

Tabelle 7.3.1 Magnetische Dämpfung von Gittern bei Naheinschlag nach DIN EN 62305-4 (VDE 0185-305-4)

Anmerkung: Experimentelle Ergebnisse für das magnetische Feld innerhalb eines gitterförmigen Schirms um die LPZ 1 zeigen, dass die magnetische Feldstärke nahe dem Schirm kleiner ist als die nach obigen Gleichungen berechnete Feldstärke.

Bestimmung des magnetischen Feldes bei nahem Blitzeinschlag

Das einfallende Magnetfeld H0 ist zu berechnen mit:

Dabei ist

I0der Blitzstrom in LPZ 0A in A;
sader Abstand zwischen dem Einschlagpunkt und dem Mittelpunkt des geschirmten Volumens in m.

Daraus ergibt sich für den Höchstwert des magnetischen Feldes in LPZ 0:

  • bedingt durch den positiven ersten Teilblitz:
  • bedingt durch den negativen ersten Teilblitz:
  • bedingt durch die Folgeblitze:

Dabei ist

If/maxder Höchstwert des positiven ersten Teilblitzstroms entsprechend dem Gefährdungspegel in A;
Ifn/maxder Höchstwert des negativen ersten Teilblitzstroms entsprechend dem Gefährdungspegel in A;
Is/maxder Höchstwert der Folgeblitzströme entsprechend dem Gefährdungspegel in A.

Die Verringerung von H0 zu H1 innerhalb von LPZ 1 kann aus den SF-Werten nach Tabelle 7.3.1 abgeleitet werden:

Dabei ist

SF der aus den Gleichungen der Tabelle 7.3.1 bestimmte Schirmfaktor in dB;
H0 das magnetische Feld in LPZ 0 in A/m.

Daraus folgt für den Höchstwert des magnetischen Feldes in LPZ 1:

  • bedingt durch den positiven ersten Teilblitz:
  • bedingt durch den negativen ersten Teilblitz:
  • bedingt durch die Folgeblitze:

Diese Werte des magnetischen Feldes gelten nur für ein Sicherheitsvolumen Vs innerhalb der gitterförmigen Schirmung mit einem Sicherheitsabstand ds/2 vom Schirm (Bild 7.3.3):

Dabei ist

SFder Schirmungsfaktor, berechnet nach den Gleichungen in Tabelle 7.3.1 in dB;
wmdie Maschenweite des gitterförmigen Schirms in m.

Zu weiteren Angaben für die Berechnung der magnetischen Feldstärke innerhalb gitterförmiger Schirmungen bei nahen Blitzeinschlägen siehe DIN EN 62305 Teil 4 A.4.3.

Die berechneten Werte für das magnetische Feld gelten für das Sicherheitsvolumen Vs innerhalb von gitterförmigen Schirmen, die durch den Sicherheitsabstand ds/… definiert sind (Bild 7.3.3).
Dieses Sicherheitsvolumen berücksichtigt Maximalwerte der magnetischen Feldstärke unmittelbar an der Gitterstruktur, welche die Näherungsformel nur ungenügend berücksichtigt. Informationstechnische Geräte dürfen nur innerhalb des Volumens Vs installiert werden.

Die Berechnungsgrundlage der Schirmwirkung von gitterförmigen Schirmen bei nahen Blitzeinwirkungen wird durch Bild 7.3.4 und Bild 7.3.5 näher erläutert.
Bild 7.3.4 zeigt die Ausbildung des elektromagnetischen Feldes als eine ebene Welle, deren Feldstärke sich indirekt proportional durch den Abstand sa reduziert. Die Größe des magnetischen Feldes innerhalb eines geschützten Volumens, z. B. Blitzschutzzone 1 (Bild 7.3.5), lässt sich durch die Qualität der Schirmung beschreiben.

Bild 7.3.4 Magnetfeld bei nahem Blitzeinschlag (LEMP) DIN EN 62305-4 (VDE 0185-305-4)
Bild 7.3.5 Magnetfeld bei nahem Blitzeinschlag (LEMP) DIN EN 62305-4 (VDE 0185-305-4)

Realisierung der magnetischen Schirmdämpfung von Gebäude- / Raumschirmen

Besonders wichtig zur Abschirmung magnetischer Felder und damit für die Errichtung von Blitzschutzzonen, sind bauseits vorhandene, ausgedehnte metallene Komponenten, wie z. B. Metalldächer und -fassaden, Stahlarmierungen in Beton, Streckmetalle in Wänden, Gitter, metallene Tragkonstruktionen und Rohrsysteme. Durch den vermaschten Zusammenschluss entsteht eine effektive elektromagnetische Schirmung.
Bild 7.3.6 zeigt im Prinzip, wie eine Stahlarmierung zu einem elektromagnetischen Käfig (Löcherschirm) ausgebildet werden kann. In der Praxis wird es jedoch bei großen baulichen Anlagen nicht möglich sein, jeden Knotenpunkt zu verschweißen oder zusammenzuklemmen.

Bild 7.3.6 Verwendung der Armierungsstäbe einer baulichen Anlage zur Schirmung und zum Potentialausgleich

Deshalb ist es in der Praxis üblich, in die Armierung ein vermaschtes Leitersystem einzulegen mit einem typischen Maß a ≤ 5 m. Dieses Maschennetz ist an den Kreuzungspunkten elektrisch sicher verbunden, z. B. durch Klemmen. An dieses Maschennetz wird die Armierung in einem Abstand von typisch b ≤ 1 m „elektrisch angehängt“. Dies geschieht bauseits z. B. durch Rödelverbindungen.

Baustahlmatten in Beton sind für Abschirmzwecke geeignet. Bei der Nachrüstung bestehender Anlagen werden derartige Baustahlmatten auch nachträglich verlegt. Für diese Ausführungsform ist es notwendig, die Baustahlmatten aus Korrosionsschutzgründen zu verzinken. Diese verzinkten Baustahlmatten werden dann z. B. auf Dächern überlappend aufgelegt oder für die Gebäudeschirmung an der Außenwand außen oder innen aufgebracht. Bild 7.3.7a und Bild 7.3.7b zeigen die nachträgliche Installation von verzinkten Baustahlmatten auf dem Dach eines Gebäudes.

Bild 7.3.7a Verzinkte Baustahlmatten zur Gebäudeschirmung
Bild 7.3.7b Nutzung verzinkter Baustahlmatten zur Schirmung, z. B. bei einem begrünten Dach

Zum Überbrücken von Dehnungsfugen, zum Anschluss der Armierung von Betonfertigteilen und für Anschlüsse an die außenliegende Erdungsanlage oder das innenliegende Potentialausgleichssystem ist es erforderlich, bereits bauseitig eine ausreichende Anzahl von Erdungsfestpunkten vorzusehen. Bild 7.3.8 zeigt eine derartige Installation, die in der Rohbauplanung berücksichtigt werden muss.

Bild 7.3.8 Gebäudeschirmung

Das magnetische Feld innerhalb der baulichen Anlage wird über einen breiten Frequenzbereich durch Reduktionsschleifen verringert, die durch das vermaschte Potentialausgleichsnetzwerk entstehen. Typische Maschenweiten sind a ≤ 5 m. 

Durch die vielfache Verbindung aller metallenen Komponenten innerhalb und auch auf der baulichen Anlage wird ein dreidimensionales, vermaschtes Potentialausgleichsnetzwerk geschaffen. Bild 7.3.9 zeigt ein vermaschtes Potentialausgleichsnetzwerk mit den entsprechenden Anschlüssen.
Wird ein Potentialausgleichsnetzwerk in den Blitzschutzzonen installiert, so wird das magnetische Feld, welches entsprechend den oben angegebenen Formeln berechnet wurde, typisch um einen Faktor 2 (entspricht 6 dB) weiter reduziert.

Bild 7.3.9 Erdungssammelleiter / Ringpotentialausgleich