Weit über eine Million PV-Anlagen sind derzeit in Deutschland in­stalliert. Der lohnenswerte Eigenverbrauch und das Streben nach einem Stück Unabhängigkeit bei der Energieversorgung werden PV-Anlagen künftig zu einem festen Bestandteil der Elektroinstallation machen. Dabei sind die PV-Anlagen den Witterungseinflüssen ausgesetzt und müssen diesen über Jahrzehnte widerstehen. Üblicherweise wird die PV-Verkabelung in das Gebäude eingeführt und es ergeben sich oft große Leitungsstrecken bis zum Netzanschlusspunkt.

Blitzentladungen verursachen feld- und leitungsgebundene elektrische Störungen. Mit Zunahme der Leitungslänge oder der Leiterschleifengröße verstärkt sich dieser Effekt. Durch Überspannungen hervorgerufene Schäden treten nicht nur an den angeschlossenen PV-Modulen, Wechselrichtern und deren Überwachungselektronik auf, sondern auch Geräte der übrigen Hausinstallation sind davon betroffen. In gewerblichen Gebäuden können zusätzlich Schäden an Produktionsanlagen verursacht werden, die Fertigungsausfälle nach sich ziehen können.

Werden Überspannungen auf netzferne Anwendungen, sogenannte PV-Inselsysteme, eingekoppelt, so können diese dann eine Betriebsstörung der solarversorgten Anlagen (z. B. medizinische Geräte, Wasserversorgung) bewirken.

Notwendigkeit eines Blitzschutzsystems auf Gebäuden

Bei einem direkten Blitzeinschlag in ein Gebäude steht der Personen- und Brandschutz an erster Stelle. Die freigesetzte Energie einer Blitzentladung ist eine der häufigsten Brandursachen. Schon bei der Planung einer PV-Anlage ist in der Regel ersichtlich, ob das Gebäude bereits mit Blitzschutz ausgestattet ist. Für öffentliche Gebäude (z. B. Versammlungsstätten, Schulen und Krankenhäuser) fordern die Bauordnungen der Länder Blitzschutzsysteme. Bei baulichen Anlagen gewerblicher oder privater Natur wird die Notwendigkeit des Blitzschutzes nach Lage, Bauart und Nutzung unterschieden. Es ist zu ermitteln, wie leicht ein Blitzeinschlag eintreten oder zu schweren Folgen führen kann. Schutzbedürftige Anlagen sind daher mit dauerhaft wirksamen Blitzschutzsystemen zu versehen.

Nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse erhöht die Installation von PV-Modulen nicht das Risiko eines Blitzeinschlags, sodass Blitzschutzmaßnahmen nicht unmittelbar daraus abgeleitet werden können. Durch diese Anlagen können jedoch schwerwiegende blitzbedingte Störungen in Gebäuden hervorgerufen werden. Deshalb ist das Schadensrisiko durch Blitzeinschlag entsprechend DIN EN 62305-2 (VDE 0185-305-2) zu ermitteln. Die Ergebnisse sind beim Bau der Solarstromanlage umzusetzen. DEHN bietet zur Ermittlung des Schadenrisikos die Software DEHNsupport-Toolbox an. Eine hiermit erstellte Analyse zeigt ein für alle Beteiligten nachvollziehbares Ergebnis. Dabei wird das Risiko dem technischen Aufwand gegenübergestellt und ein wirtschaftlich optimierter Schutz aufgezeigt.

In der DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) Beiblatt 5 wird unter Punkt 4.5 – Risikomanagement – beschrieben, dass ein Blitzschutzsystem, welches für Schutzklasse III (LPL III) ausgelegt ist, den normalen Anforderungen für PV-Anlagen entspricht. Daneben führt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in seiner VdS-Richtlinie 2010 „Risikoorientierter Blitz- und Überspannungsschutz“ entsprechende Blitzschutzmaßnahmen auf. Auch hieraus ist für PV-Anlagen (> 10 kWp) auf Gebäuden der Gefährdungspegel LPL III anzusetzen und somit die Blitzschutzanlage nach Schutzklasse III zu errichten. Zusätzlich werden Maßnahmen zum Überspannungsschutz gefordert.
Grundsätzlich gilt, photovoltaische Anlagen auf Gebäuden dürfen bereits vorhandene Blitzschutzmaßnahmen nicht beeinträchtigen.

Notwendigkeit von Überspannungsschutz innerhalb von PV-Installationen

Bei Blitzentladungen werden Überspannungen in elektrische Leiter induziert. Zum Schutz der elektrischen Systeme vor diesen zerstörenden Spannungsspitzen haben sich Überspannungsschutzgeräte (SPD: engl. Surge Protective Device) bewährt. Diese sind vor den zu schützenden Geräten auf der AC-, DC- und Datenseite zu installieren. Vielfach werden diese SPDs in Versicherungsbedingungen für Photovoltaikanlagen auch bereits gefordert. Nach DIN VDE 0100-712 (VDE 0100-712) muss die Entscheidung zur Verwendung von Überspannungs-Schutzeinrichtungen anhand DIN EN 62305-3 Beiblatt 5 (VDE 0185-305-3 Beiblatt 5) erfolgen.

Beiblatt 5 bezeichnet unter Punkt 5.3 „Innerer Blitzschutz“ Überspannungsschutzmaßnahmen für die DC-Seite und für Signal- und Kommunikationskreise als notwendig, wenn nach DIN VDE 0100-443 (VDE 0100-443) Überspannungs-Schutzeinrichtungen auf der AC-Seite gefordert sind und insbesondere der Schutz des Wechselrichters sichergestellt werden soll.
Mit dem Erscheinen der DIN VDE 0100-443 (VDE 0100-443) im Oktober 2016 ist Überspannungsschutz in allen neu geplanten Gebäuden (auch Einfamilienhäuser) verpflichtend. Somit sind in PV-Installationen auf der AC- und DC-Seite sowie in Signal- und Kommunikationskreisen (falls vorhanden) Überspannungsschutzmaßnahmen vorzusehen.

Leitungsführung von PV-Installationen

Bei der Leitungsverlegung ist darauf zu achten, dass keine großflächigen Leiterschleifen gebildet werden. Dies gilt für die Verschaltungen der DC-Stromkreise zum String und auch für mehrere Strings untereinander. Ferner ist zu vermeiden, dass Daten- oder Sensorleitungen quer über mehrere Strings hinwegführen und in Kombination mit den Stringleitungen großflächige Leiterschleifen ausbilden. Für die Verbindung vom Wechselrichter zum Netzanschluss ist dies ebenso zu beachten. Wichtig ist, dass die Energieleitungen (DC und AC) im gesamten Verlauf gemeinsam mit dem Potentialausgleich zu verlegen sind. Gleiches gilt für die Datenleitungen (z. B. Strahlungssensor, Ertragsüberwachung).

Erdung von PV-Anlagen

PV-Module werden überwiegend auf metallenen Montagesystemen befestigt. Die aktiven DC-seitigen PV-Komponenten weisen eine doppelte oder verstärkte Isolierung (vergleichbar mit früherer Schutzisolierung) nach DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410) auf. Die Kombination einer Vielzahl von Technologien auf der Modul- und auf der Wechselrichterseite (z. B. mit oder ohne galvanische Trennung) haben unterschiedliche Erdungsanforderungen zur Folge.

Darüber hinaus ist die in Wechselrichtern integrierte Isolationsüberwachung nur dann durchgängig wirksam, wenn das Montagesystem eine Erdverbindung besitzt. Das Beiblatt 5 der DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) gibt klare Hinweise zur praktischen Umsetzung. So wird eine Funktionserdung der metallenen Unterkonstruktion durchgeführt, wenn sich die Anlage im Schutzbereich von Fangeinrichtungen befindet und der Trennungsabstand eingehalten wird. Unter Punkt 7 wird für die Funktionserdung ein Leiterquerschnitt von mindestens 6 mm2 Cu oder gleichwertig genannt (Bild 9.29.1).

Bild 9.29.1 Funktionserdung der Modulgestelle, wenn kein äußerer Blitzschutz vorhanden oder der Trennungsabstand ein gehalten ist (DIN EN 62305-3, Beiblatt 5)

Mit Leitern dieses Querschnitts sind die Modulgestellschienen auch untereinander dauerhaft zu verbinden. Ist das Montagesystem direkt mit dem äußeren Blitzschutz verbunden, weil der Trennungsabstand s nicht eingehalten werden kann, werden diese Leitungen Teil des Blitzschutz-Potentialausgleiches. Eine Blitzstromtragfähigkeit dieser Elemente ist damit eine Grundvoraussetzung. Die Mindestanforderung bei einer Blitzschutzanlage nach Schutzklasse III sind 16 mm2 Cu oder gleichwertiger Leitwert. Auch hier sind die Modulgestellschienen untereinander dauerhaft zu verbinden. Hierfür gelten die Anforderungen an natürliche Bestandteile entsprechend DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) (Bild 9.29.2).
Die UNI-Erdungsklemme (Bild 9.29.3) kann auf den gängigen Montagesystemen befestigt werden. Sie verbindet z. B. 6 mmoder 16 mm2 Cu-Leiter, wie auch blanke Runddrähte (8 – 10 mm Ø) blitzstromtragfähig mit dem Montagegestell. Korrosionsschutz gegenüber den Montagesystemen (Al) wird durch die integrierte Kontaktplatte aus NIRO (V4A) erreicht.

Bild 9.29.2 Blitzschutz-Potentialausgleich an den Modulgestellen bei Nichteinhaltung des Trennungsabstands
Bild 9.29.3 UNI-Erdungsklemme: Ein Edelstahl-Zwischenelement vermeidet Kontaktkorrosion. Dadurch werden langjährige sichere Verbindungen zwischen unterschiedlichen Leiterwerkstoffen geschaffen

Trennungsabstand s nach DIN EN 62305-3
(VDE 0185-305-3)

Der Trennungsabstand s zwischen Blitzschutzsystem und Photovoltaikanlage ist zu berücksichtigen. Er beschreibt den ausreichenden Abstand, der verhindert, dass es bei einem Einschlag in den äußeren Blitzschutz zu einem unkontrollierten Überschlag in benachbarte metallene Teile kommt. Ein unkontrollierter Überschlag kann im schlimmsten Fall einen Gebäudebrand auslösen. Schäden an der PV-Anlage geraten dann zur Nebensache. Details zur Berechnung des Trennungsabstands s sind im Kapitel 5.6 enthalten und können mit der Software DEHN Distance Tool schnell und einfach ermittelt werden.

Kernschatten auf Solarzellen

Der Abstand zwischen dem Solargenerator und dem äußeren Blitzschutz ist ein wichtiger Aspekt, den es zu beachten gilt, um eine übermäßige Beschattung zu vermeiden. Ein diffuser Schatten, wie er sich beispielsweise durch Freileitungen abbildet, ist anlagen- und ertragstechnisch unbedeutend. Ein Kernschatten hingegen zeichnet sich durch klar umrissene verdunkelte Konturen auf der dahinterliegenden Fläche ab. Nur dieser ist in der Lage, den Stromfluss in den PV-Modulen relevant zu verändern. Die Belastung sowohl der Zellen als auch der zugehörigen Bypass-Dioden ist zu vermeiden. Ein ausreichender Abstand verhindert die Kernschattenbildung. Beispielsweise reduziert sich der Kernschatten bei einer 10 mm Fangstange mit steigendem Abstand zum Modul immer weiter. Nach 1,08 m hat er sich gänzlich in einen diffusen Schatten gewandelt (Bild 9.29.4). Das Beiblatt 5 der DIN EN 62305-3 erläutert im Anhang A die Berechnung des Kernschattens.

Bild 9.29.4 Kernschattenfreier Abstand Modul zu Fangstange

Spezielle Schutzgeräte für die Gleichspannungsseite von Photovoltaik-Systemen

Die U/I-Kennlinien photovoltaischer Stromquellen unterscheiden sich deutlich von konventionellen Gleichstromquellen. Sie haben eine nichtlineare Charakteristik (Bild 9.29.5) und sind Ursache für das massive Aufrechterhalten von gezündeten Lichtbögen. Diese Eigenheit wirkt sich nicht nur auf die größere Bauform von PV-Schaltern und PV-Sicherungen aus; sie erfordert auch für Überspannungsschutzgeräte eine eigens darauf abgestimmte Abtrennvorrichtung. Diese muss in der Lage sein, die PV-Ströme zu beherrschen. Die Auswahl der hierfür geeigneten SPDs wird in DIN EN 62305-3 Beiblatt 5 unter 5.6.1 Tabelle 1 beschrieben. Grundsätzlich sind auf der DC-Seite von PV-Anlagen SPDs zu verwenden, welche der hierfür relevanten Herstellerprüfnorm DIN EN 50539-11 (VDE 0675-39-11) entsprechen.

Bild 9.29.5 Quellenkennlinie einer konventionellen DC-Quelle vs. der eines PV-Generators; beim Schalten von PV-Quellen wird der Bereich der Lichtbogenbrennspannung durchlaufen

Um für den Anwender die Auswahl bei Typ 1 SPDs zu vereinfachen, kann aus Tabelle 9.29.1 die notwendige Blitzstoßstromtragfähigkeit Iimp in Abhängigkeit von der Blitzschutzklasse und der Anzahl der Ableitungen der äußeren Blitzschutzanlage entnommen werden.

Blitzschutz-
klasse
und maximaler
Blitzstrom
(10/350 µs)

Anzahl der Ableitungen der äußeren Blitzschutzanlage

< 4

≥ 4

Werte für spannungsbegrenzende SPDs Typ 1 oder kombinierte SPDs Typ 1
(Reihenschaltung) basierend auf einer Auswahl I8/20 (8/20 µs) und I10/350 (10/350 µs)

ISPD1 = ISPD2

I8/20 / I10/350

ISPD3 = ISPD1 + ISPD2 = Itotal

I8/20 / I10/350

ISPD1 = ISPD2

I8/20 / I10/350

ISPD3 = ISPD1 + ISPD2 = Itotal

I8/20 / I10/350

I oder unbekannt

200 kA

17 / 10

34 / 20   

10 / 5

20 / 10

II

150 kA

12,5 / 7,5   

25 / 15   

7,5 / 3,75 

15 / 7,5

III und IV

100 kA

8,5 / 5

17 / 10  

5 / 2,5

10 / 5

Tabelle 9.29.1 Auswahl des Mindestableitvermögens von spannungsbegrenzenden SPDs Typ 1 (Varistoren) oder kombinierten SPDs Typ 1 (Reihenschaltung von Varistoren und Funkenstrecken); entsprechend Beiblatt 5 der DIN EN 62305-3 (Tabelle 2)

DC-PV-Ableiter Typ 1: Mehrpoliger DC-Kombi-
Ableiter Typ 1 + Typ 2, DEHNcombo YPV

Der Kombi-Ableiter DEHNcombo YPV … (FM) (Bild 9.29.6) erfüllt mit seiner bewährten fehlerresistenten Y-Schutzbeschaltung die vorgenannten Anforderungen. PV-Generatoren mit bis zu 10.000 A können mit DEHNcombo YPV … (FM) vorsicherungsfrei geschützt werden. Dieser Kombi-Ableiter vereint die Funktion Blitzstrom- und Überspannungs-Ableiter in einem Gerät. Damit wird ein hochwirksamer Endgeräteschutz erreicht. Mit seinem Ableitvermögen Itotal von 12,5 kA (10/350 µs) lässt er sich flexibel selbst in den höchsten Blitzschutzklassen einsetzen. Er ist für Spannungen UCPV ≤ 1200 V und ≤ 1500 V verfügbar. Seine Baubreite beträgt dabei lediglich 4 TE. Er ist somit der ideale Typ 1 Kombi-Ableiter für den Einsatz in photovoltaischen Stromerzeugungsanlagen.

Bild 9.29.6 Kombi-Ableiter Typ 1, DEHNcombo YPV, zum Schutz von Photovoltaik-Systemen vor Überspannungen und bei direkten Blitzteilströmen

DC-PV-Ableiter Typ 2: DEHNguard M YPV und
DEHNcube YPV

Der sichere Betrieb von SPDs an DC-PV-Stromkreisen ist ebenso bei Anwendungen mit Typ 2-Überspannungsschutzgeräten unerlässlich. Beim DEHNguard M YPV … FM sowie DEHNcube YPV SCI … ist deshalb ebenfalls die fehlerresistente Y-Schutzschaltung integriert (Bild 9.29.7 und Bild 9.29.8).

Bild 9.29.7 Modularer Überspannungs-Ableiter Typ 2 DEHNguard M YPV … FM mit fehlerresistenter Y-Schaltung
Bild 9.29.8 Installationsfertiger Überspannungs-Ableiter Typ 2 DEHNcube YPV SCI 1000 1M

Auswahl von SPD entsprechend dem Schutzpegel Up

Die DC-Seite von Photovoltaiksystemen kann, je nach Anlage, unterschiedlichste Betriebsspannungen aufweisen. Derzeit sind Werte bis zu 1500 V DC möglich. Dementsprechend besitzen die Endgeräte ebenfalls unterschiedlichste Spannungsfestigkeiten. Um einen wirksamen Schutz der Anlage sicherzustellen, muss der Schutzpegel Up des SPDs niedriger sein als die Spannungsfestigkeit der Anlage, die geschützt werden soll. Mindestens 20 % Sicherheitsabstand sollte entsprechend DIN CLC/TS 50539-12 zwischen der Spannungsfestigkeit der Anlage und Up eingehalten werden. Die energetische Koordination zwischen SPD Typ 1 oder SPD Typ 2 und dem Geräteeingang ist zu beachten. Sind Ableiter bereits im Endgerät integriert, ist die Koordination zwischen SPD Typ 2 und der Eingangsbeschaltung des Endgerätes bereits herstellerseitig berücksichtigt (Bild 9.29.9).

Bild 9.29.9 Im Wechselrichter integrierter Überspannungsschutz DEHNguard SPD Typ 2 für die DC-Seite

Anwendungsbeispiele:

Gebäude ohne äußeren Blitzschutz
(Situation A)

Bild 9.29.10 zeigt das Überspannungsschutzkonzept für eine PV-Anlage auf einem Gebäude ohne äußeren Blitzschutz. Gefährliche Überspannungen werden hier induktiv durch Naheinschläge von Blitzen in die PV-Anlage eingekoppelt oder wirken vom Versorgungsnetz über den Hausanschluss auf die Verbraucheranlage.

Bild 9.29.10 PV-Anlage auf Gebäude ohne äußeren Blitzschutz – Situation A (Bbl. 5 der DIN EN 62305-3)

Mögliche Einbauorte der SPDs sind:

  • DC-Bereich der Module und Wechselrichter
  • AC-Ausgang des Wechselrichters
  • Niederspannungs-Hauptverteiler
  • Drahtgebundene Kommunikationsschnittstellen

Jeder DC-Eingang (MPPT) des Wechselrichters ist mit einem Überspannungsschutzgerät vom Typ 2, z. B. dem DEHNguard M YPV 1200 FM, zu beschalten. Mit diesem Überspannungsschutzgerät können PV-Anlagen auf der Gleichspannungsseite sicher geschützt werden. Die CLC/TS 50539-12 (VDE V 0675-39-12) sieht bei Entfernungen von mehr als 10 m zwischen Wechselrichtereingang und PV-Generator einen weiteren DC-Ableiter Typ 2 auf der Modulseite vor.

Befinden sich PV-Wechselrichter und weitere elektronische Komponenten wie z. B. AC-gekoppelte Batteriespeichersysteme nicht weiter als 10 m vom Einbauort des Ableiters am Netzanschlusspunkt (NS-Einspeisung) entfernt, so sind diese ausreichend geschützt. Bei größeren Leitungslängen ist ein weiterer Überspannungsschutz Typ 2 einzusetzen.

Am Netzanschlusspunkt empfehlen wir den Einsatz des Typ 1 + Typ 2 Kombi-Ableiters DEHNshield ZP Basic. Die bewährte Funkenstreckentechnologie ermöglicht den Einsatz im Vorzählerbereich und erfüllt lückenlos die VDN-Richtlinie. Sind Wechselrichter mit Daten- und Sensorleitungen für die Ertragsüberwachung verkabelt, sind ebenfalls geeignete Überspannungsschutzgeräte notwendig. Für Datensysteme auf der Basis von RS 485 steht der Ableiter BLITZDUCTOR XTU zur Verfügung. Er hat Anschlüsse für zwei Doppeladern, beispielsweise für ankommende und abgehende Datenleitung.

Gebäude mit äußerem Blitzschutz und Einhaltung des Trennungsabstands s (Situation B)

Das Überspannungsschutzkonzept für eine PV-Anlage mit äußerem Blitzschutz und mit ausreichendem Trennungsabstand s des PV-Systems zum äußeren Blitzschutz zeigt Bild 9.29.11.

Bild 9.29.11 PV-Anlage auf Gebäude mit äußerem Blitzschutz unter Einhaltung des Trennungsabstands – Situation B (Bbl. 5 der DIN EN 62305-3)

Primäres Schutzziel ist die Vermeidung von Personen- und Sachschäden (Gebäudebrand) durch Blitzeinwirkung. Die PV-Anlage darf die Funktion des äußeren Blitzschutzes nicht beeinträchtigen. Zudem ist sie selbst vor einem direkten Blitzschlag zu schützen, was heißt, dass sie im Schutzbereich des äußeren Blitzschutzes zu installieren ist. Fangeinrichtungen (z. B. Fangstangen) bilden diesen Schutzbereich aus und verhindern direkte Blitzeinschläge in die PV-Module und die Verkabelung. Die Bestimmung des Schutzbereichs kann z. B. mittels Schutzwinkelverfahren (Bild 9.29.12) oder Blitzkugelverfahren (Bild 9.29.13) nach DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3), Abs. 5.2.2 erfolgen. Zu beachten ist, dass zwischen allen elektrisch leitenden Teilen der PV-Anlage und der Blitzschutzanlage ein Trennungsabstand s einzuhalten ist. Dabei ist, wie bereits beschrieben, ein Kernschatten, z. B. durch ausreichenden Abstand der Fangstangen zum PV-Modul, zu vermeiden.

Bild 9.29.12 Ermittlung des Schutzraumes mittels Schutzwinkelverfahren
Bild 9.29.13 Ermittlung des Schutzraumes mittels Blitzkugelverfahren vs. Schutzwinkelverfahren

Wesentlicher Bestandteil eines Blitzschutzsystems ist der Blitzschutz-Potentialausgleich. Er ist für alle von außen ins Gebäude eingeführten leitfähigen Systeme und Leitungen durchzuführen. Der Blitzschutz-Potentialausgleich wird durch den direkten Anschluss aller metallenen Systeme und den indirekten Anschluss aller unter Spannung stehenden Systeme über Blitzstrom-Ableiter Typ 1 an die Erdungsanlage erreicht. Der Blitzschutz-Potentialausgleich soll möglichst nahe am Gebäudeeintritt erfolgen, um ein Eindringen von Blitzteilströmen in das Gebäude zu verhindern. Der Netzanschlusspunkt ist mit einem mehrpoligen SPD Typ 1, z. B. dem Kombi-Ableiter DEHNventil ZP mit Funkenstreckentechnologie, auszurüsten. Dieser Ableiter entspricht den VDN-Richtlinien und kann direkt auf das Sammelschienensystem im Vorzählerbereich installiert werden.

Ist kein Sammelschienensystem vorhanden, empfiehlt sich der Einsatz des SPD Typ 1-Kombi-Ableiters DEHNventil M … 255. Diese Kombi-Ableiter vereinen Blitzstrom- und Überspannungs-Ableiter in einem Gerät. Bei Leitungslängen kleiner 10 m zwischen dem Ableiter, dem Wechselrichter und weiteren elektronischen Komponenten, wie z. B. einem AC-gekoppelten Batteriespeichersystem, besteht ein ausreichender Überspannungsschutz. Bei größeren Leitungslängen ist die Installation weiterer Überspannungsschutzgeräte SPD Typ 2 DEHNguard M vor den zu schützenden Geräten obligatorisch.

Die DC-Seite des Wechselrichters ist mit einem Typ 2 PV-Ableiter, z. B. dem DEHNcube YPV SCI …, zu schützen (Bild 9.29.14).
Sind die Wechselrichter mit Datenleitungen, z. B. zur Ertragsüberwachung, ausgerüstet, so sind Überspannungsschutzgeräte für die Datenübertragung einzubauen. Hier kann der BLITZDUCTOR XTU mit seiner actiVsense-Technologie eingesetzt werden und sowohl Leitungen mit analogem Signal als auch Datenbussysteme wie z. B. RS485 schützen. Er erkennt automatisch die anliegende Betriebsspannung des Nutzsignals und passt den Schutzpegel an diese Betriebsspannung an.

Bild 9.29.14 Typ 2-Ableiter DEHNcube YPV SCI 1000 1M zum Schutz von Wechselrichtern (1 MPPT)

Hochspannungsfeste isolierte Leitung, HVI

Eine weitere technische Möglichkeit, den Trennungsabstand s zu realisieren, ist der Einsatz der hochspannungsfesten, isolierten HVI-Leitung. Damit lässt sich ein Trennungsabstand s von bis zu 0,9 m in Luft erreichen. HVI-Leitungen können somit direkt nach dem abgesteuerten Bereich mit der PV-Anlage in Kontakt kommen. Details zur Anwendung und Montage der HVI-Leitung sind in Kapitel 5.2.4 unseres BLITZPLANERs beschrieben und der Montageanleitung zu entnehmen.

Gebäude mit äußerem Blitzschutz ohne Einhaltung des Trennungsabstands s (Situation C)

Ist die Dachhaut aus Metall oder wird sie durch die PV-Anlage selbst gebildet, kann aus montagetechnischer Sicht der Trennungsabstand s nicht eingehalten werden. Die metallenen Komponenten des PV-Montage-Systems müssen mit einer blitzstromtragfähigen Verbindung (min. 16 mm2 Cu oder gleichwertigem Leitwert) an den äußeren Blitzschutz angeschlossen werden. Dies bedeutet, dass nun auch für die ins Gebäude eingeführten PV-Leitungen der Blitzschutz-Potentialausgleich ausgeführt werden muss (Bild 9.29.15). Entsprechend dem Beiblatt 5 der DIN EN 62305-3 und CLC/TS 50539-12 (VDE V 0675-39-12) sind die DC-Leitungen mit einem PV-SPD Typ 1 zu beschalten.

Bild 9.29.15 PV-Anlage auf Gebäude mit äußerem Blitzschutz ohne Einhaltung des Trennungsabstands – Situation C (Bbl. 5 der DIN EN 62305-3)

Zum Einsatz kommt der Typ 1 + Typ 2 Kombi-Ableiter DEHNcombo YPV … (FM). Der Blitzschutz-Potentialausgleich muss ebenfalls in der NS-Einspeisung ausgeführt werden. Sind der PV-Wechselrichter und z. B. das Batteriespeichersystem weiter als 10 m von dem dort notwendigen SPD Typ 1 für den Netzanschlusspunkt entfernt, so ist ein weiteres SPD Typ 1 einzusetzen (z. B. Typ 1 + Typ 2 Kombi-Ableiter DEHN­shield … 255). Ist eine Ertragsüberwachung vorgesehen, so sind für die entsprechenden Datenleitungen gleichfalls geeignete Schutzgeräte vorzusehen. Für Datensysteme z. B. auf Basis von RS 485 findet das Überspannungsschutzgerät BLITZDUCTOR XTU Anwendung.