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5.1.5
Prinzip Fangeinrichtung für Gebäude mit weicher Bedachung
Die Auslegung der Schutzklasse III erfüllt im Allgemeinen die Anforderungen für ein solches Gebäude. In besonderen Einzelfällen kann eine Risikoanalyse, basierend auf der DIN EN 62305-2 (VDE 0185-305-2), durchgeführt werden. Das Beiblatt 2 zur DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) regelt im Abschnitt 4.3 für Gebäude mit weicher Bedachung (Weichdächer) eine besondere Verlegung der Fangeinrichtung. So müssen die Fangleitungen auf Dächern aus Reet, Stroh oder Schilf z. B. auf isolierenden Stützen frei gespannt verlegt werden. Auch im Bereich der Traufe sind bestimmte Abstände einzuhalten. Bei der nachträglichen Montage eines Blitzschutzsystems auf einem Dach sind die Abstände entsprechend größer zu wählen, sodass nach einer Neueindeckung die erforderlichen Mindestabstände in jedem Fall eingehalten werden. Der typische Wert für den Abstand der Ableitungen ist bei der Schutzklasse III 15 m. Der genaue Abstand der Ableitungen voneinander ergibt sich aufgrund der Berechnung des Trennungsabstands s nach der DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3).
Wie der Trennungsabstand berechnet wird, kann dem Kapitel 5.6 entnommen werden. Bei Firstleitungen sind Spannweiten bis etwa 15 m, bei Ableitungen Spannweiten bis etwa 10 m ohne zusätzliche Abstützungen anzustreben. Spannpfähle müssen mit der Dachkonstruktion (Sparren und Querhölzer), mit Durchgangsbolzen und Unterlegscheiben fest verbunden werden (Bild 5.1.5.1, Bild 5.1.5.2 und Bild 5.1.5.3).
Bild 5.1.5.1
Fangeinrichtung für Gebäude mit weicher Bedachung Bild 5.1.5.2
Fangeinrichtung für Gebäude mit weicher Bedachung Bild 5.1.5.3
Reetdach
Befinden sich auf der Dachfläche metallene Teile (z. B. Windfahnen, Berieselungsanlagen, Antennen, Metallbleche, Leitern), so sind diese vollständig in den Schutzbereich getrennter Fangeinrichtungen zu bringen.
Ist dies nicht möglich, so ist in diesen Fällen ein wirksamer Blitzschutz zu schaffen. Dies erfolgt durch einen getrennten äußeren Blitzschutz mit Fangstangen neben dem Gebäude, mit Fangleitungen oder mit Fangnetzen zwischen Masten neben dem Gebäude. Grenzt ein Weichdach an eine Dacheindeckung aus Metall und soll das Gebäude mit einem äußeren Blitzschutz versehen werden, so muss zwischen dem Weichdach und dem übrigen Dach eine elektrisch nicht leitende Dacheindeckung von mindestens 1 m Breite, z. B. aus Kunststoff, eingefügt werden. Äste und Zweige von Bäumen sind in mindestens 2 m Abstand vom Weichdach zu halten. Wenn Bäume dicht an einem Gebäude stehen und es überragen, muss an dem den Bäumen zugewandten Dachrand (Traufenkante, Giebel) eine Fangleitung angebracht werden, die mit der Blitzschutzanlage zu verbinden ist. Die notwendigen Abstände sind dabei einzuhalten. Eine weitere Möglichkeit, Gebäude mit weicher Bedachung vor Blitzschlag zu schützen, ist die Errichtung von Fangmasten, die das gesamte Gebäude in den Schutzbereich stellen. Dies kann dem Kapitel 5.1.8 „Getrennte Fangeinrichtungen“ (Tele-Blitzschutzmaste) entnommen werden.
Eine architektonisch sehr ansprechende Möglichkeit des getrennten Blitzschutzes ist der Einsatz von isolierten Ableitungen. Als Beispiel für die Installation von isolierten Ableitungen dient die Dachsanierung eines historischen Bauernhauses in Niedersachsen (Bild 5.1.5.4).
Bild 5.1.5.4
Historisches Bauernhaus mit äußerem Blitzschutz;
Quelle: Hans Thormählen GmbH & Co.KG.
Für das historische Bauernhaus wurde das Blitzschutzsystem gemäß Schutzklasse III ausgeführt. Dies entspricht den normativen Anforderungen für Gebäude mit weicher Bedachung (DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3)). Das Objekt ist mit einem Heidefirst versehen, der zum Schutz vor Vogelabtragung mit einem Maschennetz aus Kunststoff bespannt ist. Zur Planung der Fangeinrichtung sind zuerst mit Hilfe des Blitzkugelverfahrens deren Schutzbereiche zu bestimmen. Aufgrund normativer Festlegungen ist bei Schutzklasse III ein Blitzkugelradius von 45 m anzuwenden. Im konkreten Fall wurde eine Höhe der Fangeinrichtung von 2,30 m ermittelt, welche die zwei Kamine am First sowie die drei neuen Gauben auf einer Dachseite in den einschlagsgeschützen Bereich stellt (Bild 5.1.5.5).
Um die Fangeinrichtung entsprechend hoch anzuheben und die isolierten Ableitungen aufzunehmen, wurde ein GFK-Stützrohr (glasfaserverstärkter Kunststoff) gewählt. Zur Sicherstellung der mechanischen Stabilität ist das Stützrohr im unteren Bereich in Aluminium ausgeführt. In diesem Bereich kann es aufgrund von Induktionswirkungen gegenüber in der Nähe befindlicher Teile zu unerwünschter Funkenbildung kommen. Um dies zu vermeiden, dürfen sich in einem Bereich von 1 m um das Aluminiumrohr keine geerdeten Teile oder elektrischen Betriebsmittel befinden. Deshalb sollen im Bereich des Heide- oder Sodenfirstes z. B. Bindedrähte aus Nylon verwendet werden. Die elektrische Isolierung zwischen Fangeinrichtungen und Ableitungen einerseits und den zu schützenden metallenen Installationen und den Einrichtungen der elektrischen Energie- und Informationstechnik innerhalb der zu schützenden baulichen Anlage andererseits, kann durch den Trennungsabstand s zwischen diesen leitenden Teilen erreicht werden. Dieser ist entsprechend DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) zu bestimmen. Die hochspannungsfeste, isolierte HVI-Leitung (HVI: High Voltage Insulation) ist spezifiziert mit einem äquivalenten Trennungsabstand in Luft von s = 0,75 m oder s = 1,50 m bei festem Baustoff. Die Anordnung der Ableitung ist in Bild 5.1.5.6dargestellt.
Bild 5.1.5.6
Prinzipdarstellung und Darstellung der Verlegung der Ableitung am Dachsparren
Bei der Installation wurde die HVI-Leitung innenliegend in einem Stützrohr geführt. Die bauartbedingte Absteuerung der HVI-Leitung erfolgte über eine zentrale Erdungssammelschiene, wobei die Potentialausgleichsmaßnahmen mit einer flexiblen Leitung H07V-K 1 x 16 mm2 durchgeführt wurden. Zur Befestigung des Stützrohres wurden spezielle Hilfskonstruktion (Querholz) angefertigt, wobei die Ableitungen im weiteren Verlauf an den Sparren der vorhandenen Dachkonstruktion unterhalb der Dachlattung hinabgeführt wurden (Bild 5.1.5.6). An der Traufe wurden die HVI-Leitungen durch das Gesimsbrett geführt (Bild 5.1.5.7).
Aus architektonischen Gründen erfolgte die weitere Verlegung der Ableitungen in Aluminium. Der Übergang der HVI-Leitung auf die nichtisolierte, blanke Ableitung in der Nähe der Erdungsanlage erfolgte wie die gesamte Installation vor dem Hintergrund der Montageanleitung. Ein Endverschluss musste hier nicht verwendet werden.